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Umfragen zeigen, dass Mädchen bei Schulabschlüssen und später im Studium besser als Jungen abschneiden, auch in naturwissenschaftlichen und Ingenieurs-Studiengängen. Trotz allem sind Frauen in technischen Berufen nach wie vor deutlich in der Unterzahl. Die Physikerin Edith Maurer arbeitet seit 2006 beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Lesen Sie zu diesem Thema auch Openvocs – ein neues Kommunikationssystem für die Raumfahrt. In diesem Interview schildert sie ihre Erfahrungen und Beobachtungen, warum Frauen so selten in diesen Berufsfeldern zu finden sind.

Hallo Frau Maurer. Erzählen Sie uns doch zum Start etwas über Ihre aktuelle Tätigkeit beim DLR.

Maurer: Ich leite zurzeit ein Team von zehn Personen. Unsere Aufgabe ist die Bereitstellung von Softwarelösungen für den Satellitenbetrieb. Damit unterstützen wir Ingenieure beim Betreiben von Raumfahrzeugen.

Wie viele Frauen arbeiten außer Ihnen in diesem Team?

Maurer: Außer mir arbeitet dort nur noch eine weitere Frau.

Es ist besonders auffällig, dass Frauen in Studiengängen, die in technische Berufe übergehen, sehr selten sind. Sie selbst haben Physik an der Technischen Universität München (TUM) studiert. Haben Sie eine Vermutung, woran das liegt?

Maurer: Meiner Erfahrung nach gibt es keine sachlichen Gründe dafür, dass Frauen für diese Studiengänge oder Fächer weniger geeignet wären. Es liegt am Gesellschaftsbild. Frauen wird vermittelt, dass technische Berufe nichts für sie sind. Ich glaube, dass das eine Prägung ist, die sehr früh beginnt. Es geht um die Einstellung in den Köpfen der Leute. Es geht um die Ansicht, dass nur Männer eine Veranlagung für Technik haben.
Dieses Vorurteil muss verschwinden und das ist schwerer als es klingt. Ein Kulturwandel ist immer schwer durchzusetzen.

Was müsste passieren, damit dieser Kulturwandel geschieht?

Maurer: Wichtig sind natürlich die Lehrer in den Schulen. Ich selbst hatte in der Schule beispielsweise einen sehr guten Mathelehrer, was sehr viel ausgemacht hat. Auf der anderen Seite spielen auch die Eltern eine wichtige Rolle. Mein Vater zeigte mir durch gemeinsames Spielen oder Lernen, dass Mathe und Physik nicht nur für Jungen sind. Das hat mich auf jeden Fall geprägt und dafür bin ich ihm auch bis heute dankbar.

Es stehen also in erster Linie die Eltern und Lehrer in der Verantwortung?

Maurer: Auch die Betriebe müssen mehr unternehmen, um attraktiver auf Frauen zu wirken.
Frauen in Führungspositionen müssen nach außen hin sichtbar sein. Das gilt natürlich auch für die Mitarbeiterinnen. Diese müssen sich selbst so präsentieren, dass sie für das Umfeld, die Bewerberinnen oder Studentinnen, erkennbar sind. Das zeigt, dass es Frauen in diesen Unternehmen gibt und dass sie gefragt sind.

Wäre dafür eine vorgeschriebene Gleichstellung eine Lösung? Also zum Beispiel ein Gesetz, nach dem für jeden Mann auch eine Frau für dieselbe oder für eine gleichwertige Position eingestellt werden muss?

Maurer: Nein. Zuallererst muss auf die Eignung geachtet werden. Es ist nicht produktiv, das Ganze zu erzwingen. Eine Möglichkeit für den Anfang wäre, dafür zu sorgen, dass auf allen Ebenen Frauen im gleichen Verhältnis vertreten sind.
Frauen und Männer eignen sich im Mittel genau gleich für diese Positionen. Wenn also zwanzig Prozent der Mitarbeiter weiblich sind, würde ich erwarten, dass in den Führungsebenen auch ein entsprechender Anteil an Frauen zu finden ist.

Haben Sie zum Schluss noch eine Botschaft für alle Mädchen und Frauen, die überlegen, ob ein technischer Beruf für Sie das Richtige wäre?

Maurer: Traut euch technische Berufe zu ergreifen! Ich habe mich nach meinem Schulabschluss für Physik entschieden, weil es mich interessiert hat und ich gemerkt habe, dass ich es kann. Es lohnt sich!

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.