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In den guten alten Zeiten des Campings lebte man noch wie ein kauziger Berg-Eremit in der freien Wildbahn

Es war einmal vor langer Zeit im Jahr 2009. Es ging in die Geschichte ein, als das Jahr der verarmte Investmentbanker im Zelt auf der Wallstreet. Damals war auch auf den europäischen Camping-Plätzen noch alles in Ordnung. In der Abgeschiedenheit der Natur betrauerten die Menschen den Tod des Pop-Titanen Michael Jackson und freuten sich über den Wandel in unserer Gesellschaft. „Zurück zur Natur” war damals noch das Motto der Camper. Fernab auf entlegenen Camping- und Stellplätzen kehrten sie der Zivilisation den Rücken zu. Ihre Seele war eins mit der Natur – so wie der meditierende Mönch im Einklang mit seinem inneren Wesen.

Um sich zu waschen, sprangen die Naturliebenden in den nahe gelegenen Gebirgssee oder in das selbst geschlagene Eisloch. Frauen wie Männer bereiteten das Essen auf alten Camping-Kochern zu und wenn der Vorrat nicht reichte, gab die Natur ihnen alles, was sie brauchten. Die Menschen waren wieder Sammler und Jäger und folgten ihrem Ursprung – keine Handys, kein Internet – nur die Stimme der Natur und die nächste Gemeinschaftstoilette am Ende des Camping-Platzes. Es schien, als könnte nichts diese Ruhe stören, oder vielleicht doch?

Der Luxus-Camper fährt seinen Hausrat durch die Gegend

Als 2013 das Internet noch für uns alle Neuland war, konnte noch niemand ahnen, welch seltsamer Trend sich in diesem Jahr etablieren würde. Wie ein unaufhaltsamer Tornado kam er um die Ecke gefegt – der Camping-Boom. Wie ein Virus schreibt der er die genetischen Informationen des Campings um. Die Veränderungen sind nur schleichend sichtbar, doch irreversibel.

Der Luxus-Camper kam, sah und siegte: Als erstes tauscht er alte Camping-Kocher gegen fahrbare Kücheneinrichtungen mit integriertem Thermomix ein. Dann beginnt er seine Wohnungsaustattung zu Hause abzubauen und fährt sein Hab und Gut durch die Gegend. Auch der Katzengott thront gegen seinen Willen samt Katzenbaum auf dem fahrbaren Untersatz.

Camping-Plätze heute:  4-Sterne Hotels mit Pool und Einkaufsstraße

Der Luxus-Camper hatte bei der guten Fee wohl drei Wünsche frei. Er wünschte sich nicht nur größere und komfortablere Wohnmobile, sondern auch Camping-Plätze mit moderner Technik und Unterhaltung.

Camping-Plätze verwandelten sich in Hotel-Erlebniswelten so wie Pilze aus dem Boden schießen. Es gibt dort Internetanschluss, Swimmingpool, Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten und Unterhaltung für Erwachsene und Kinder. Eben alles was sich so ein Luxusherz wünscht, damit es sich nicht mit seinem Seelenleben auseinandersetzen muss.

Fehlt also eigentlich nur noch der sexy Butler, der einem das Getränk bringt und bei heißem Wetter mit dem Fächer Luft zu wedelt.

Der Glamper bringt die Camping-Apokalypse

Mit der Erfindung des Glamping läuten die Zeltplatz-Besitzer den Untergang des ursprünglichen Campings ein. Dabei können Nicht-Camper luxuriöse 80 qm große Ferienhäuschen zwischen Zelten und Wohnmobilen mieten. Die Luxusbude besteht aus einem Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Bad und einem eigenen Whirlpool mit Terrasse. Dafür zahlen die Glamper dann auch gerne mal in der Hochsaison schlappe 300 Euro pro Nacht und Person.

Lagerplatz-Besitzer wollen damit Camper und Glamper miteinander in Kontakt bringen. Die Artenvielfalt des Menschen ist also gesichert.

Voller Bedauern denken viele Menschen an die alte Zeit zurück. Nichts war erquickender für die Seele, als mit einem flotten „Yes we live“ auf den Lippen, nackig wie Gott uns schuf durch die Wildnis zu laufen und den Traum der grenzenlosen Freiheit zu leben. Die Trauer über das verloren gegangene Motto „Zurück zur Natur“ wird wohl niemals vergehen. Wer des Nachts ganz genau in die Dunkelheit lauscht, hört manchmal noch ein leises „I will always love you“ von Whitney Housten zu Ehren der alten Zeiten.