Lesedauer: 5 Minuten

Altenpflegerin oder -pfleger wird man in diesen Zeiten nur aus Überzeugung. Die Branche kämpft mit unterirdischer Bezahlung, Fachkräfte- und Nachwuchsmangel. Deshalb sollen Roboter und Künstliche Intelligenz die Pflegekräfte unterstützen und sie in ihrem Arbeitsalltag entlasten. Das Ziel: mehr Zeit für Menschen!

Japan – der Vorreiter in der Pflege

Unser Gesundheits- und Pflegesystem steht aufgrund der rapide alternden Gesellschaft vor einem großen Problem. Laut einer Studie steigt die Zahl pflegebedürftiger Personen in Deutschland bis 2050 um fast zwei Millionen. Japan steht schon jetzt vor der Herausforderung – und handelt entsprechend.

In Japans Krankenhäusern und Pflegeheimen zuhause ist beispielsweise „Paro“: eine elektronische Babyrobbe. Drei Kilo schwer, 60 Zentimeter groß und schön flauschig. Die kleine Robbe reagiert auf Streicheleinheiten und stimuliert meist erfolgreich die Emotionen Demenzkranker. Auch „Pepper“ ist längst in japanischen Einrichtungen dieser Art eingezogen. Der humanoide Roboter mit schwarzen Kulleraugen und einem Tablet auf der Brust kann deutlich mehr als „Paro“. Er spricht, gestikuliert, erzählt Märchen, singt und tanzt. So sorgt er zumindest schon mal für mehr Unterhaltung als sein pelziger Kollege.

Was die deutsche Pflege wirklich braucht

So niedlich und unterhaltsam das auch klingt, es ist nur ein Ansatz, um die Pflegebedürftigen zu bespaßen. Doch wir brauchen in Deutschland vor allem eines: Pflegekräfte. Die sind nur leider viel zu schlecht bezahlt und dadurch sehr schwer zu finden. Hinzu kommt die körperliche und seelische Belastung, der sich Pflegende zwangsweise ausliefern. Ein riesiges Problem, das durch die alternde Gesellschaft eher größer wird, als dass wir es unter Kontrolle bekommen.

Also müssen wir unseren Pflegerinnen und Pflegern anders helfen: mit technischer Unterstützung. Wir brauchen Digitalisierung, die „Industrie 4.0“, für die Pflege.

Pflege 4.0 – Wie sieht sie aus?

Roboter führen zum Beispiel an der Immanuel Klinik Rüdersdorf bei Berlin schon jetzt Routinetätigkeiten aus. Sie sammeln dreckige Wäsche ein, verteilen die neue und bringen den Patienten ihr Essen. Damit entlasten sie das Personal. In anderen Einrichtungen bieten sich durch diverse Gehsysteme ganz neue Rehabilitationsmöglichkeiten. Auch intelligente Muskelanzüge, wie sie in Japan eingesetzt werden, wären eine große Unterstützung für Angestellte. Sie entlasten den Rücken der Pflegenden beim Heben von Patienten.

Doch das reicht noch nicht. Theoretisch ist die Technik so weit, dass weitere Tätigkeiten in der Pflege übernommen werden können. Dinge, die im Hintergrund passieren – etwa Botengänge, Post verteilen oder Medikamente dosieren. Pflegerinnen und Pflegern bleibt so mehr Zeit für jeden einzelnen Patienten. Mehr Zeit für Soziales und vor allem Menschliches: Spielen, Reden, Zuhören. Für Dinge, die eben kein Roboter leisten kann. Denn eine Sache darf nicht vergessen werden. Unsere Fachkräfte in der Pflege arbeiten am Limit. Entlastet sie!

Datenschutz muss gewährleistet sein

Eine Schwierigkeit dabei: der Datenschutz. Sowohl „Paro“, als auch „Pepper“ lernen dazu. Über Sensoren und Kameras nehmen sie ihre Umgebung nicht nur wahr, sie zeichnen sie auf und speichern die Daten. Doch wo landen sie? Was wird mit den Daten gemacht? Und wer haftet? Fragen, die der Deutsche Ethikrat gemeinsam mit Angehörigen von Senioren-Organisationen diskutiert.

Sicher ist nur, dass wir Deutschen dem Datenschutz deutlich kritischer gegenüberstehen als andere Nationen. Und gerade im Gesundheits- und Pflegewesen geht es um sehr sensible Daten. Daraus ergibt sich ein Konflikt. Denn mit mehr Daten wären die Roboter lernfähiger und könnten den Pflegenden mehr Arbeit abnehmen. Um diesen Konflikt zu lösen, brauchen wir schnellstmöglich eine moderne Gesetzeslage, die keine Fragen offenlässt.

Mehr Zeit für Menschlichkeit

Die Zeit drängt. Die fortschreitende Alterung der Gesellschaft fordert eine funktionierende Pflege – in Zukunft mehr denn je. Die Pflegerinnen und Pfleger sollten besser heute als morgen entlastet werden. Auch wenn Roboter und Künstliche Intelligenz die Probleme der Branche nicht lösen, sind sie, an den richtigen Stellen eingesetzt, ein guter Anfang. Denn dann wäre endlich mehr Zeit für Menschlichkeit! Sind wir doch mal ehrlich: Was brauchen alte Menschen mehr als jemanden, der ihnen zuhört und sich liebevoll – ohne Zeitdruck – um sie kümmert?