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Es gibt viele interessante Konsolen der 90er Jahre, an die sich heute niemand mehr erinnert. Sei es das 3DO oder die Atari Jaguar-Konsole. Eine erstaunliche Geschichte hat das Philips CD-i (Compact Disc interactive) durchgemacht. Es kam als Erbe einer gescheiterten Zusammenarbeit mit Nintendo auf den Markt und erlebte eine ungewöhnliche Entwicklung. Die hochfliegenden Versprechungen eines medialen Alleskönners, der separate CD-Spieler, Konsolen und Videorecorder obsolet machen sollte, endeten als unausgegorener Fehlschlag. Trotzdem fasziniert es die Enthusiasten heute noch.

Schwere Geburt

Viele haben schon einmal von Sonys 1994 erschienener Konsole „Playstation 1“ gehört. Manche haben auch Kenntnis von der vorherigen Zusammenarbeit von Sony und Nintendo. Sony sollte für das Super-Nintendo-Entertainment-System ein CD-Add-On entwickeln. Aber wegen Unstimmigkeiten zwischen Nintendo und Sony kam dieses Add-On nie zustande. Stattdessen entstand die Playstation 1. Für die meisten Videospielinteressierten endet die Geschichte damit. Allerdings hatte Nintendo den Traum vom CD-Add-On noch nicht aufgegeben. Deshalb ging Nintendo eine Partnerschaft mit Philips ein – einem Mitentwickler der CD. Doch auch daraus entstand keine Hardware für Nintendo, sondern das CD-i – der Alleskönner von Philips.

Vielversprechende Basis

1982 erschien die erste CD. In den sogenannten „Rainbow Books“ wurden ihre verschiedenen Spezifikationen festgehalten. Entwickelt wurde sie unter anderem von Philips und Sony. Jede Spezifizierung erhielt eine eigene Farbe als Namen. Das „Red Book“, der Standard für digitale Audiospeicherung. Es revolutionierte zum Beispiel das Speichern und Abspielen von Sounds. Das „Green Book“ spezifiziert das Format für interaktive CDs.

Ein CD-Spieler mit Videoausgang

Die ersten CD-i-Player kamen 1990 auf den Markt. Etwa 1000 US-Dollar kostete das Gerät, das sowohl einfache Red-Book-CDs als auch CDs, die ein paar kleinere visuelle Zugaben enthielten, abspielen konnte. Ein Monitorbild, das das aktuell abgespielte Lied anzeigt, war aber schon das Höchste der Gefühle. Mehr konnte das CD-i noch nicht. Außerdem gab es diverse Software, wie die „Compton’s Interactive Encyclopedia“. Auch sehr rudimentäre Brettspiel-Umsetzungen wie „Mensch ärgere dich nicht“ waren verfügbar. Trotzdem war das CD-i bei weitem nicht das versprochene Multimedia-Biest.

DVC – die „Digital Video Cartridge“

Philips Videokarte

Philips Videokarte – Khulud Ibrahim-Mohamed

„Out of the box“ war das CD-i nur ein besserer CD-Player mit ein paar Edutainment-Programmen. Es erschienen auch Filme für die Konsole: Top Gun, Beverly Hills Cop, Forrest Gump etc. konnte man sich auf zwei „Scheiben“ mit seinem CD-i anschauen. Allerdings nur, wenn man sich dafür zusätzliche Hardware gekauft hatte. Die Digital Video Cartridge (DVC) kostete zirka 200 US-Dollar und wurde hinter einer abschraubbaren Klappe in das Gerät gesteckt. Später produzierte CD-i-Player erschienen dann schon mit einer eingebauten DVC.

Videospiele auf dem CD-i – Hübsche Optik und fremde Maskottchen

Die Digital Video Cartridge gab dem CD-i nicht nur die Möglichkeit, Filme zu zeigen, sondern erlaubte auch das Spielen von anspruchsvolleren Videospielen. Die meisten Spiele für das CD-i sind sogenannte FMV-Spiele. FMV steht für „Full Motion Video“. Im Grunde waren das interaktive Filme und Spiele, die stark auf professionell produzierte Video-Inhalte setzten. Entwicklerfirmen nutzten vor allem die hochwertige Optik von aufgenommenen Videos. Heute wirken viele dieser Spiele langweilig. Der grafische Wow-Effekt ist mittlerweile verflogen und die Spielmechaniken waren damals schon überholt. Eine Handvoll Spiele, die bis heute eine gewisse Faszination ausüben, gibt es allerdings trotzdem. Durch die Zusammenarbeit mit Nintendo kamen die Nintendo-Maskottchen Mario, Link und Zelda auf eine Konsole, die nicht von Nintendo entwickelt wurde.

Ein Ende mit Schrecken

Philips nahm 1998 das CD-i vom Markt. Es gab noch andere Firmen, die Player für den CD-i-Standard herstellten. Allerdings hatte Philips zu diesem Zeitpunkt schon fast eine Milliarde US-Dollar verloren und zog sich trotz der weiteren Unterstützung Dritter aus dem CD-i-Markt zurück. Heute gilt das CD-i als fehlgeschlagenes Abenteuer der Videospielgeschichte. Es hatte als Multimediaprodukt begonnen und wurde in vielen Terminals eingesetzt. Geblieben ist nur die Erinnerung an Marios Ausflug auf Nicht-Nintendo-Konsolen.

Wer heute ein CD-i im echten Leben sehen möchte, hat die besten Chancen dazu in einer Fahrschule.

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