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„Ich habe vielleicht 3.400 Dollar für diese beiden Telefone ausgegeben, aber ich glaube wirklich nicht, dass sie mir gehören“, sagt der Besitzer eines Online-Reparaturshops. Er hat für beide Geräte Geld bezahlt, sodass sie ihm eigentlich gehören sollten. Doch immer mehr Elektronikhersteller beschränken die Möglichkeiten, die man als Besitzer der Produkte hat. Es sind nicht Funktionen oder Features, die Hersteller unterbinden. Es fehlt die Option, die Geräte zu reparieren. Sollte man als Besitzer eines Produkts also ein Recht auf Reparatur haben?

Vielen Reparaturgeschäften ist der Aufwand zu hoch

An einer Reparatur verdienen die Hersteller weniger als am Verkauf neuer Elektronik. Es gibt zwar Reparaturgeschäfte, doch diese werden an immer mehr Vorgaben gebunden. Ersatzteile sind schwer zugänglich und oft so teuer, dass sich die eine Instandsetzung gar nicht lohnt. Lizenzierte Ersatzteile erfordern häufig eine Reparaturlizenz, die strenge Anforderungen mit sich bringt. Die Kosten und der Aufwand dahinter sind vielen Reparaturgeschäften zu hoch. Sie verwenden Teile aus alten Geräten und sind damit in einer rechtlichen Grauzone. Garantie- und Sicherheitsbestimmungen können nicht immer eingehalten werden und es folgen rechtliche Konsequenzen.

Außerdem müssen immer kompliziertere Geräte und Techniken eingesetzt werden, um die Produkte bei der Reparatur nicht zu beschädigen. Statt Schrauben und Einzelteilen sind nun Kleber und industriell komplett verlötete Leiterplatten verbaut. Das iPhone 12 zum Beispiel verwendet sogar eine Softwareblockade. So kann das Display eines anderen, identischen Gerätes zwar genutzt werden, die Entsperrung per „Face ID“ funktioniert dann aber nicht mehr. Dabei ist Apple nicht der einzige Hersteller, der so vorgeht. Das „Surface 2“ von Microsoft gilt als unmöglich zu reparieren. Ein Trend zur „Unreparierbarkeit“ zieht sich durch die ganze Tech-Branche.

Vorbild Autoindustrie

Das Prinzip ist nicht neu. In der Automobilindustrie gibt es schon lange einen Trend zu Bauelementen, die nur noch als Ganzes gewechselt werden können. Ein Motorschaden bei einem Auto wird nicht mehr repariert, stattdessen der ganze Motor ausgetauscht.

Der Unterschied zur Tech-Branche ist aber ein bedeutender: Automobilhersteller werden dazu verpflichtet, Ersatzteile für ihre Produkte herzustellen. Auch die Lieferung und Personalschulungen sind Teil von internationalen Abmachungen. Gesetze dafür regeln dies auf unterschiedliche Art und Weise, die Grundlage aber bleibt ähnlich: Ein gekauftes Produkt muss reparierbar sein.

Design und Garantie? Ohne Reparatur!

Die Regelungen für die Autoindustrie sind der sog. „Right to Repair“-Bewegung ein Vorbild. Ihr Ursprung liegt in Nordamerika. Dort gingen große Tech-Unternehmen immer wieder unverhältnismäßig hart gegen Reparaturgeschäfte vor. Auch das Europäische Parlament sprach sich bereits für ein Recht auf Reparatur aus. Dabei sind die Argumente für die „Unreparierbarkeit“ meistens schlichtweg Garantieverlust und ein moderneres Design. Doch nicht allen Tech-Unternehmen ist die Reparatur ihrer Geräte ein Dorn im Auge.

Die Entscheidung zur Reparatur liegt beim Besitzer

Das „Steam Deck“, eine Konsole der Computerspielplattform Steam, soll eine komplette Ersatzteilversorgung bekommen. Der Hersteller veröffentlichte auch ein vollständiges Demontagevideo und weist dabei immer wieder auf Garantieverlust oder Gefahren hin. Die Entscheidung bleibt aber dem Besitzer überlassen.

Ein anderes Beispiel ist der Laptophersteller Framework. Die Geräte des Herstellers bestehen aus auswechselbaren Modulen, verbaut in einem modernen Design. Im Extremfall kann der Laptop nur in Einzelteilen bestellt und selbst zusammengebaut werden. Wer noch Hardware eines alten oder defekten Gerätes übrig hat, bestellt so nur die Teile, die er braucht. So findet zum Beispiel ein alter Laptopbildschirm in einem neuen Gerät Verwendung.

Reparatur, Nachhaltigkeit und Profit

Fraglich ist, ob dieses System für ein Unternehmen wirtschaftlich ist. Selbst Eva Gouwens, CEO von Branchenvorreiter Fairphone, betont, dass der Profit einen unabhängig mache. Dennoch: Das Fairphone 4 zeigt, dass Reparatur, Nachhaltigkeit und Profit sich nicht zwangsläufig gegenseitig ausschließen. Außerdem muss das „Recht auf Reparatur“ nicht zwangsläufig nachhaltig sein. Bleibt es nur bei der Reparierbarkeit, so sieht man an der Autoindustrie sehr gut, dass das System funktionieren kann.

 

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Quellen:

iPhone 13 A Repair Nightmare – Teardown and Repair Assessment

Right to Repair Europe

Right to repair movement gains power in US and Europe

What Is Right To Repair?

Framework Laptop 13.5 im Test: So würde Microsofts Surface Laptop aussehen, wenn man ihn reparieren könnte