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Daniel Knoll ist Vertriebsleiter der MPM Marketing GmbH, einem Unternehmen, das sich auf Informationen für Hotelgäste spezialisiert hat. Durch die langjährige Erfahrung im Tourismus gibt uns Daniel Knoll einen umfassenden Überblick über die Probleme, die Prognosen und die Trends in der Hotellerie. Daniel Knoll spricht mit dem Techtalkersredakteur Jerôme Schewzik über die Stimmung der Hotelbranche nach der Coronapandemie und den Einstieg in die digitale Welt.

Jerôme Schewzik: Herr Knoll, der endemische Verlauf von Corona ist eine gute Nachricht für den Tourismus. Spüren Sie auch schon positive Veränderungen?

Daniel Knoll: Die Pandemie war eine enorme Herausforderung – für uns alle. Eben auch für die bisher immer so krisensichere Hotellerie. Da Menschen immer reisen wollen, waren bisher Wirtschaftskrisen oder Kriege in manchen Gebieten nicht relevant. Doch auch im Jahr 2022 kämpften wir mit Schwierigkeiten. Neben enormen Preiserhöhungen für Papier kommen hohe Energiekosten auf uns zu. Dann der andauernde und erhebliche Personalmangel… wie soll ich es sagen – es fehlt an allen Ecken und Enden!

Gibt es trotz aller Schwierigkeiten auch positive Entwicklungen?

Ja, wir beobachten, dass die Hotellerie sich schneller erholt hat als gedacht. Im Jahr 2022 konnten die Belegungs- und Umsatzzahlen zum Teil schon wieder mit denen aus dem Jahr 2019 mithalten.

Schon in meiner Hotelfachmannausbildung vor vier Jahren war der Personalmangel allgegenwärtig. Warum hat die Hotellerie nach wie vor damit zu kämpfen?

Die Hintergründe sind vielfältig. Viele Arbeitgeber aus anderen Branchen zahlen bessere Gehälter und bieten deutlich attraktivere Arbeitszeiten. Ein befreundeter Arzt hat während Corona seine Arzthelferinnen ausgetauscht und ehemalige Rezeptionisten eingestellt. Front Office-Mitarbeiter haben einen hervorragenden Servicegedanken und können den Ansturm an Fragen bewältigen.

Lässt sich die Personalfrage dann damit beantworten, dass die Hotellerie „einfach Geld in die Hand nehmen“ und in das Personal investieren muss?

Leider sind solche einfachen Erklärungen schwierig. Aktuell wird der gleiche Ansturm an Gästen und Fragen wie vor Corona von weniger Mitarbeitern als zuvor bewältigt. Ironischerweise steigt damit der Umsatz pro Mitarbeiter und die Hotelketten stehen damit zwischen dieser positiven wirtschaftlichen Auswertung und dem erhöhten Stresslevel der Mitarbeiter. Es müssen mehr die Mitarbeiter und die Bedürfnisse in den Vordergrund gerückt werden. Eine günstigere Übernachtung in einem Partnerhotel reicht als Extra nicht mehr aus.

Die Bedürfnisse der eigenen Mitarbeitern sind das eine, die Bedürfnisse von Gästen das andere. Haben sich die Bedürfnisse der Gäste verändert oder angepasst?

Aus Sicht der Hotelmitarbeiter nicht – im Gegenteil sogar. Die Gäste übernehmen die hektische Lebensweise aus dem Alltag. Die Gäste erwarten einen reibungslosen und schnellen Check-In und können meist wenig Geduld oder Verständnis aufbringen, wenn Verzögerungen auftreten.

Wie verhält es sich mit den digitalen Bedürfnissen? Stichwort: Digital Guest Journey?

Heutzutage muss ein Trend in erster Linie „fancy“ klingen. „Digital Guest Journey“ hört sich erstmal schön an, aber nur wenige wissen, was wirklich alles hinter diesem weitgefassten Oberbegriff steht.

Wie definieren Sie die „Digital Guest Journey“?

Die „Digital Guest Journey“ beginnt schon vor der Buchung des Hotelzimmers. Das digitale Umfeld, die Positionierung des Produkts oder der Leistung in der digitalen Welt, um den Gast digital zu begeistern, gehört bereits zur „Digital Guest Journey“. Die Betreuung bis zum Check-In und auch die Infos nach dem Check-Out fließen mit ein. Das Gesamtpaket vom Service beeinflusst die „Reise des Gastes“ und stimuliert sein zukünftiges Buchungsverhalten. Es gilt, den Gast zu begleiten und ihn von der klassischen Suche nach dem Zimmerpreis und der Sterneanzahl des Hotels über die klassischen Buchungsplattformen wie booking.comhrs.de, usw. abzuhalten.

Warum wollen Sie den Gast vom Preisvergleich abhalten?

Auf Grund ihres enormen Marktanteils können die großen externen Anbieter, Booking.com, HRS und Co., auf Provisionen verzichten und deutlich günstigere Zimmerpreise anbieten. Das Hotel muss auf der eigenen Website nun einige Extras anbieten und den Gast davon überzeugen, eine Direktbuchung durchzuführen. Corona hat diese digitale Entwicklung stark beschleunigt. Ziel der Hotels muss es für die Zukunft sein, dass sie sich wieder unabhängiger von den Buchungsplattformen machen und stattdessen größtenteils Direktbuchungen generieren.

Sagen Sie damit dem Printflyer und der Printwerbung in der Hand „Goodbye“?

Noch nicht, nein. Ein finaler Abschied wird sicherlich noch viele Jahre dauern, der Flyer ist für einige Generationen noch bis ans Lebensende nicht wegzudenken. Wir erkennen einen Aufbruch in Richtung der digitalen Welt. Jedoch kann man das Gefühl vom Blättern in einem Flyer oder einem Magazin nicht digital kopieren und ersetzen. Das ist auch der Grund, warum nach wie vor sehr viele Menschen ihre Zeitung in der Hand halten und nicht auf dem Handy nach unten scrollen wollen, obwohl die Möglichkeit längst bestünde.

 

Ich bedanke mich bei Daniel Knoll für diesen Einblick in die aktuelle Lage der Hotellerie.

 

Quellen:

MPM Marketing Hotelgäste Information Digital & Print – MPM Marketing GmbH (mpm-marketing.de)

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