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Elon Musk hat eine Vision: Mit Hilfe einer Gehirn-Computer-Schnittstelle will er die Interaktion zwischen Mensch und Maschine revolutionieren. Ein kleiner Chip, der mit dem Gehirn verbunden wird, soll das ermöglichen. Elon Musk sieht den Einsatzbereich des Implantats in der Medizin, träumt aber von der Kommunikation mit einem Computer per Gedankenübertragung. Doch wie weit sind diese Vorstellungen heute schon umsetzbar und wo liegt der aktuelle Stand der Entwicklung?

Große Ziele: Rückenmarksverletzungen heilen und Gedankenübertragung

Auf einer Produktpräsentation des Neurotechnologie-Unternehmens Neuralink im August stellte Elon Musk ein Hirnimplantat mit dem Namen „Link“ vor. Der Computerchip mit der Größe einer Münze könnte laut Musk die Welt verändern. In erster Linie soll er Menschen helfen, die durch eine Verletzung des Rückenmarks gelähmt sind. Neuralink will das Implantat zur Wiederherstellung von getrennten Nervenverbindungen oder auch zum Steuern von künstlichen Organen einsetzen. Elon Musk hat mit dem Hirnimplantat noch größere Pläne: Sprachen direkt in das Gehirn laden und Informationen austauschen durch Gedankenübertragen.

Erste Durchbrüche nach dreißig Jahren Forschung

Neurowissenschaftler beschäftigen sich schon seit 30 Jahren mit der Stimulation des Gehirns über elektrische Signale. Seit Ende der Siebzigerjahre kommen sogenannte Hirnschrittmacher zur Behandlung von neurologischen und psychischen Krankheiten zum Einsatz.

Bereits 2018 erzeugte der spanischen Neuroingenieur und MIT-Forscher Eduardo Fernandez das erste Live-Bild im Gehirn einer erblindeten Frau. Bernadeta Goméz verlor durch eine Krankheit die Verbindung zwischen Auge und Gehirn und konnte mehr als 18 Jahre lang nicht einmal hell und dunkel unterscheiden. Mit elektrischen Signalen stimulierte Fernandez bestimmte Regionen im Gehirn der Frau. Dadurch war sie in der Lage, Umrisse und grobe Bilder zu erkennen.

Seit etwa drei Jahren forschte ein Startup Unternehmen Myelins aus München daran, wie es möglich ist, künstliche Gliedmaßen zu spüren. Zied Tayed, Gründer von Myelins und Doktorand am Lehrstuhl für kognitive Systeme der Technischen Universität München, entwickelte dafür eine Software.

Das Hirnimplantat von Neuralink ist im Vergleich dazu noch in einer sehr frühen Entwicklungsphase: Bei Menschen ist der Link noch nicht zugelassen.

Science-Fiction oder nahe Zukunft?

Wie realistisch ist es, dass der Mensch in absehbarer Zeit über ein Implantat im Gehirn mit Computern kommuniziert? Für viele klingt das nach Science-Fiction. Elon Musk aber ist davon überzeugt, seine Visionen bald in die Realität umzusetzen.

Neuralink ist mit dem aktuellen Entwicklungsstand des Chips aber noch weit von der Kommunikation mit Computern per Gedankenübertragung entfernt. Musk präsentierte die Funktionalität des Hirnimplantats anhand von drei Schweinen. Dem ersten Tier wurde der Chip eingepflanzt und wieder entnommen. Das zweite Tier hat den Link seit zwei Monaten im Gehirn, das dritte ist ein gewöhnliches Schwein. Die Vierbeiner zeigten alle das gleiche Verhalten. Musk wollte demonstrieren, dass der Link problemlos eingesetzt und entfernt werden kann. Der Computerchip erzeugt außerdem visuelle und akustische Signale, wenn das Schwein mit Implantat am Boden schnüffelt. Die Signale werden zwar in Echtzeit an einen Computer gesendet und ausgewertet, im Vergleich zu ähnlichen Technologien ist das aber kein Fortschritt auf dem Gebiet der Neurowissenschaft.

Wie weit ist Elon Musk davon entfernt, Gedanken auszulesen und Erinnerungen zu speichern? Prof. Dr. med. Alireza Gharabaghi ist der Meinung, wenn so etwas überhaupt umsetzbar sei, dann in ferner Zukunft. Laut dem Neurochirurgen braucht es ein tieferes Verständnis über das Gehirn, um ein Implantat wie den Link sinnvoll einzusetzen.