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Im letzten Quartal 2022 verlor das Unternehmen Meta 3,7 Milliarden US-Dollar durch metaversebezogene Projekte. Mark Zuckerberg hat es sich zum Ziel gesetzt, Vorreiter in der Entwicklung der Metaverse-Technologie zu sein. Doch ist die Welt bereit für das Metaverse?

Was ist das Metaverse?

Erstmals genutzt wurde der Begriff „Metaverse“ im 1991 veröffentlichten Science-Fiction-Roman „Snow Crash“ von Neal Stephenson. Es handelt sich dabei um eine virtuelle Realität, die über das Internet zugänglich ist. Dort können die Benutzer mittels eines Avatars interagieren und kommunizieren – eine Erweiterung der realen Welt voller verschiedener Anwendungsmöglichkeiten, wie Bildung, Unterhaltung oder Handel. Doch was sich als Funktion eindrucksvoll liest, kann sich in der Realität kaum jemand konkret vorstellen.

Warten auf den Durchbruch

Im August 2022 veröffentlichte das Forschungs- und Beratungsunternehmen Gartner den alljährlich erscheinenden „Hype Cycle for Emerging Technologies“. Dabei handelt es sich um eine grafische Darstellung der Lebenszyklusphasen, die eine Technologie von der Konzeption bis zur Reife und weit verbreiteten Einführung durchläuft. Das Metaverse wurde darin als Technologie eingestuft, die erst in 10 Jahren die Phase der Produktivität erreichen wird. In der Welt der sozialen Medien eine lange Zeit.

So nah und doch so fern

Die Begeisterung um das Metaverse stieg in den letzten Jahren stark an. Grund dafür war die fortschreitende Entwicklung von Virtual-, Augmented- und Mixed-Reality-Technologien. Kryptowährungen, NFTs und Blockchain schafften zudem eine Grundlage für geschäftlichen Nutzen.

Das Potential ist riesig, doch VR- und AR- und MR-Technologien sind noch lange nicht ausgereift genug für den großen Durchbruch auf dem Markt. Nach der anfänglichen Euphorie über die vermeintlich nächste große technische Innovation seit dem Smartphone hält sich die Vorfreude auf das Metaverse heute generationenübergreifend in Grenzen. Laut einer Umfrage der Plattform Statista von 2022 ist der Anteil derer, die glauben, dass das Metaverse „das nächste große Ding ist“ unter den Millennials mit lediglich 23% am größten.

Soziales Netzwerk

Ein vielversprechender Aspekt des Metaverse ist es die Menschen auf der ganzen Welt besser miteinander zu verbinden. Als ein digitaler Ort der Begegnung könnte die Technologie möglicherweise einen Beitrag zur Verbesserung von sozialen Interaktionen leisten. Ebenso könnte die Technologie eine virtuelle Plattform zur Aneignung bzw. Vermittlung von Wissen sein.

Metaverse als Virtueller Wirtschaftsraum

Das Metaverse könnte auch als Wirtschaftsraum dienen, in dem Menschen virtuell produzieren und handeln. Schon jetzt gibt es einige Unternehmen, darunter Nike, Coca-Cola, Gucci oder Google, die im Metaverse tätig sind. Den Verkauf von Gütern oder die Bereitstellung von Dienstleistungen bieten diese Unternehmen besipielsweise bereits jetzt an.

Andere Unternehmen testen Produkte in der virtuellen Welt und betreiben Marktforschung. Im November 2021 stellte das Technologie-Unternehmen Dyson ein Virtual-Reality-Angebot vor, das Verbraucher dazu einlädt, Produkte in einer digitalen Online-Umgebung virtuell in die Hand zu nehmen und zu testen.

Neue Spielwelten

Doch auch für die Unterhaltungsbranche bietet das Metaverse Potential. Virtuelle Spielmechaniken und begehbare, digitale Umgebungen ermöglichen neue Freizeitaktivitäten und Gaming-Ansätze. Es gibt bereits erste VRMMO-Videospiele (Virtual-Reality Massively Multiplayer Online Games) von kleineren Entwicklern, wie z.B. Archgate. Diese verbinden die Idee eines MMOs, also eine Spielwelt, die gleichzeitig von großen Gruppen weltweit betreten werden kann, mit der immersiven VR-Technologie.

Ist die Technologie erst ausgereift und die Nutzerzahlen der Metaversen steigen, würde es für große Entwicklerstudios interessant mit großen Videospieltiteln auf den Markt zu drängen.

Manipulations- und Suchtgefahr

Allerdings birgt das Metaversum auch Gefahren. Eine davon nennt sich Social Engineering, also die gezielte Manipulation und Beeinflussung von Personen, um diese zu bestimmten Handlungen zu bewegen. Im Metaverse ist es durch den Einsatz von Avataren noch einfacher als im Internet potenzielle Opfer kennenzulernen und diese unter falschen Vorwänden, falschem Namen und verzerrter Stimme dazu zu bringen vertrauliche Informationen herauszugeben. Das öffnet das Tor für Betrug, Mobbing und andere Formen des Missbrauchs, ohne dass die Täter identifiziert werden können.

Ein weiteres Risiko besteht darin, dass Menschen durch das immersive Erlebnis länger als beabsichtigt im Metaverse verweilen oder eine Sucht entwickeln. Das kann negative Auswirkungen auf soziale Beziehungen und das allgemeine Wohlbefinden haben.

Der Umgang mit sensiblen Daten

Hinzu kommen Bedenken hinsichtlich Privatsphäre und Datenschutz. Um den Nutzern das Eintauchen ins Metaversum zu ermöglichen, benötigen VR/AR oder Mixed Reality Technologien eine Vielzahl von Sensoren. Dadurch könnte es im virtuellen Raum besonders einfach für Unternehmen oder Regierungen sein, verschiedene Daten von Nutzern zu sammeln und zu verwenden, ohne dass diese es wissen.

Metaverse-Entwickler Meta hat schon seit einiger Zeit keinen guten Ruf in Bezug auf den Datenschutz. In einem Fall 2018 wurden die Daten von 87 Millionen Nutzern des sozialen Netzwerks Facebook an das Politikberatungsunternehmen Cambridge Analytica verkauft. Gründer Mark Zuckerberg musste sich vor Gericht dafür verantworten und willigte ein, 725 Millionen US-Dollar zur Beilegung des Rechtsstreits zu zahlen.

Gesellschaftliche Spaltung

Langfristig betrachtet könnte das Metaverse zu einer Vertiefung des Grabens zwischen den gesellschaftlichen Schichten führen. Menschen, die finanziell zu den oberen Klassen gehören könnten ihren Status durch die Gründung exklusiver Klubs oder das Erwerben bestimmter digitaler Areale in die virtuelle Welt übertragen.

Damit wäre die Technologie mehr als nur ein Spiegelbild der realen Welt und ihrer Gesellschaft. Denn im Gegensatz zu dieser fallen Berührungspunkte zwischen arm und reich im Metaversum gänzlich weg. Bettelnde, Obdachlose oder Missstände der analogen Welt sind im digitalen Raum noch weniger sichtbar.

Entwicklung mit offenem Ende

Es gibt also viele Möglichkeiten, die sich aus dem Metaverse ergeben und die dazu beitragen können, unser Leben zu verbessern und zu erweitern. Allerdings gibt es auch noch viele Risiken, wie z.B. Datenschutz, Sicherheit und Ethik. Es bleibt abzuwarten, welche dieser Möglichkeiten sich in Zukunft tatsächlich realisieren lassen und wie Regierungen, Unternehmen und Nutzer mit den potenziellen Gefahren umgehen werden.

 

Quellen:

https://www.gartner.com/en/articles/what-s-new-in-the-2022-gartner-hype-cycle-for-emerging-technologies

https://mixed.de/metas-riskante-metaverse-wette-ist-zuckerberg-zu-frueh-dran/

https://www.deraktionaer.de/artikel/aktien/meta-selbstsabotage-im-rennen-um-das-metaverse-ex-mitarbeiter-packt-aus-20323062.html

https://netzpalaver.de/2022/11/10/chancen-und-risiken-des-metaverse/

https://blog.cryptostars.is/how-to-social-engineer-the-metaverse-57c2e988f094

 

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