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Michael Jakob, ist Experte für die Verteilungswirkungen von Klimaschutzmaßnahmen und soziale Gerechtigkeit. Bei Climate Transition Economics forscht er zu Themen wie Klimapolitik, Klimaschutzmaßnahmen und CO2-Bepreisung. Im Interview spricht er über Tempolimits und deren Auswirkungen auf CO2-Emissionen und Verkehrssicherheit.

Khalid Ibrahim-Mohamed: Warum sollte man ein Tempolimit auf Autobahnen einführen?

Michael Jakob: Insgesamt ist es so, dass durch schnelles Fahren auf Autobahnen und auch auf Landstraßen Nachteile entstehen. Zum Beispiel entstehen die meisten Unfälle im Straßenverkehr durch zu schnelles Fahren. Außerdem führt schnelles Fahren zu mehr Lärm und Luftverschmutzung. Ein weiterer wichtiger Grund sind die CO2-Emissionen. Es gibt dazu unterschiedliche Studien, in welchem Ausmaß sich die Emissionen unter verschiedenen Szenarien verringern würden. Aus meiner Sicht ist aber der wichtigste Grund, ein Tempolimit einzuführen, dass Unfälle und Verkehrstote, deutlich zurückgehen.

Könnte eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 bzw. 100 km/h auf der Autobahn die CO2-Emissionen reduzieren?

Ja, denn laut Schätzungen des Umweltbundesamtes, würde eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 130 km/h auf Autobahnen, die Gesamtemissionen von Pkw um etwa zwei Prozent verringern. Bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h könnten sogar fünf bis sechs Prozent eingespart werden.

Und wie sähe es bei einem generellen Tempolimit von 30 km/h in Städten aus?

Dies ist ein bisschen schwieriger abzuschätzen, weil dort zwei Effekte gegeneinander spielen. Zum einen verbessern niedrigere Geschwindigkeiten den Verkehrsfluss und senken somit die Emissionen. Auf der anderen Seite arbeitet der Verbrennungsmotor bei 30 km/h weniger effizient als bei 50 km/h. Das heißt, dass Tempo 30 die Verkehrsemissionen sogar erhöhen könnte. Andererseits erleichtert Tempo 30 mehr Fußgängerampeln und Zebrastreifen einzurichten, da weniger Fokus auf dem Autoverkehr liegt. Ich glaube, dass dies ein wichtiger Schritt für die Verkehrswende wäre.

Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Umsetzung von Tempolimits?

Hiermit haben wir vor allem eine politische Herausforderung. Ich denke, dass sich die Ablehnung eines Tempolimits bei einigen Parteien als eine Art Markenzeichen durchgesetzt hat. Unter einem bestimmten Freiheitsverständnis könnte dies als Symbolpolitik angesehen werden. Es ist ja offensichtlich, dass in jeder Gesellschaft die Freiheit eines Einzelnen die Einschränkung der Freiheit eines anderen bedeutet. Eine weitere Herausforderung besteht in der technischen Umsetzung. Es wäre notwendig, bestimmte Überwachungsanlagen zu installieren. Aber die Kosten dafür sind nicht so hoch, dass wir sie nicht stemmen könnten.

Sie sagen, dass die Umsetzung eine politische Herausforderung ist. Wie könnte man diese Herausforderungen dann bewältigen?

In erster Linie ist das die Aufgabe des Bundesverkehrsministers Volker Wissing, der sich allerdings häufig gegen das Tempolimit ausgesprochen hat. In Zukunft wird es deshalb wichtig sein, ob ein Verkehrsminister Interesse daran hat, das Tempolimit umzusetzen.

Lange Zeit galten Geschwindigkeitsbegrenzungen in Deutschland als politisch schwer durchsetzbar, wie steht die Bevölkerung in Deutschland dazu?

Im Jahr 2020 führte das Umweltbundesamt eine Umfrage zum Thema Umweltbewusstsein in Deutschland. Dabei sagten 55 Prozent der Befragten, dass mehr unternommen werden sollte. Konkret bezog sich die Frage darauf, die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen und den durch Verkehr verursachten Lärm zu verringern. Die Umfrage zeigte auch, dass sich 64 Prozent für ein Tempolimit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen ausgesprochen haben.

Wie kann man besser mit Leuten kommunizieren und diskutieren, die gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen sind?

Wenn Menschen mit unterschiedlichen Meinungen debattieren, ist es entscheidend, dass man offen für andere Meinungen ist. Außerdem kommt es darauf an, welchen Ton man trifft. Also bei Umweltfragen beispielsweise, fühlen sich Menschen schnell bevormundet. Ich glaube, es ist daher wichtig Respekt, für unterschiedliche Lebensentwürfe und Lebensrealitäten zu haben und offen zu diskutieren.

Vielen Dank für Ihre Zeit und das aufschlussreiche Interview!

Redigiert von Kamran Kader.

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