Seit dem 21. März herrscht in Deutschland ein einheitliches Kontaktverbot. Durch eine Lockerung der Auflage könnte die Zahl der Corona-Infizierten rapide ansteigen. Eine Tracking-App soll Infektionsketten leichter nachvollziehbar machen. Der Einsatz einer solchen App stößt jedoch vor allem bei Datenschützern auf Kritik. Die Bundesregierung will die Privatsphäre der Bürger deshalb mit einem neuen Konzept besser schützen.
Der dezentrale Ansatz der Tracking-App
In Ländern wie China oder Südkorea sind sogenannte Tracking-Apps seit Beginn der Pandemie wichtige Bestandteile der Virusbekämpfung. Auch europäische Länder wie Österreich oder Norwegen ziehen nach und setzen seit einigen Wochen auf Tracking-Apps. In Deutschland wird der Einsatz einer solchen App stark diskutiert.
Zuletzt legte sich die Bundesregierung auf das dezentrale Forschungskonzept DP-3T (Decentralized Privacy-Preserving Proximity Tracing) fest. Die Einhaltung der Datenschutzregelungen und die Anonymisierung der App-Nutzer stehen bei dem dezentralen Entwurf im Vordergrund. Die App speichert und löscht die Daten ausschließlich auf dem Smartphone des Nutzers. Zudem wird die Nutzung einer Tracking-App in Deutschland nur auf freiwilliger Basis zum Einsatz kommen.
Die App soll dabei helfen, Infektionsketten besser nachzuvollziehen und zu unterbrechen. Personen, die zu Infizierten Kontakt hatten, sollen schneller ermittelt und isoliert werden. Gleichzeitig könnten Gesundheitszentren Corona-Tests gezielter durchführen, um das Ausmaß einer Infektionskette zu bestimmen.
So soll die App funktionieren
Die Tracking-App wird in Deutschland kostenlos zur Verfügung stehen. Installiert ein Nutzer die App auf seinem Smartphone, sammelt diese per Bluetooth Informationen über die Dauer und den Abstand zu anderen App-Nutzern. Geichzeitig tauscht die App anonym verschlüsselte Daten in Form einer ID aus.
Ein Algorithmus prüft anschließend, ob Dauer und Abstand für eine Covid-19-Infektion ausreichend waren. Ist das der Fall, speichert die Tracking-App die Daten auf dem Smartphone des Nutzers, für die Inkubationszeit, ab. Erhält eine Kontaktperson ein positives Testergebnis, so kann sie die Erkrankung der App mitteilen. Anschließend gibt die App allen potenziell infizierten Personen eine Warnmeldung aus.
Die Warnmeldung enthält keine persönlichen Informationen über die positiv getestete Person. Auch der Ort der Übertragung wird nicht genannt. Die Meldung macht ausschließlich auf das Risiko einer Infektion aufmerksam und gibt den Rat, sich umgehend in häusliche Quarantäne zu begeben.
Tracking-App stößt weiterhin auf Kritik
Doch nicht nur Datenschützer kritisieren die Corona-App. Der Dresdner Professor für Nachrichtentechnik Gerhard Fettweis befürchtet laut einem Beitrag des MDR Wissen, dass eine freiwillige Nutzung der App nicht ausreichend sei. Über zwei Drittel aller Deutschen müssten die Tracking-App installieren, um eine Corona-Schutzwirkung für die gesamte Gesellschaft zu erreichen.
In diesem Falle ist das Problem nicht nur die Bereitschaft der Bevölkerung, sich die App auf das Smartphone herunterzuladen. Viel mehr fehle es an Mobiltelefonen mit der passenden Software. Gerade ältere Menschen, die zur Hochrisikogruppe gehören, besitzen oftmals keine oder veraltete Mobiltelefone, die die Software der geplanten App nicht unterstützen.
Zusätzlich bedarf es neben der Einführung einer Tracking-App auch einer höheren Kapazität an Corona-Tests. Um eine lückenlose Nachverfolgung der Infektionsketten zu erreichen, ist es notwendig, mehr Proben durchzuführen. Erst wenn eine Person ein positives Testergebnis erhält, kann sie dies über die App mitteilen.
Die App steht in den Startlöchern
Trotz aller Kritik soll die Tracking-App auf der Basis des dezentralen DP-3T Konzepts im Mai in Deutschland starten. Seit Ende April ist klar, dass die Deutsche Telekom und SAP das Projekt marktreif entwickeln werden. Auch die Großkonzerne Apple und Google kündigten an, den dezentralen Ansatz der Tracking-App zu unterstützen.
Einen kleinen Einblick zum dezentralen Konzept gab das wissenschaftliche Forschungsteam aus Lusanne mit einer ersten Demo-App für Android und iOS. Eine einfache Bedienung und eine klar strukturierte Oberfläche gestalten die Nutzung möglichst einfach. Die Funktionen der App werden ausführlich erklärt, sodass jeder Schritt nachvollziehbar ist.
Die Demoversion ist schon jetzt im App Store abrufbar. Es bleibt abzuwarten, wie gut das Angebot einer fertigentwickelten Corona-App in Deutschland angenommen wird.