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Mehr als dreieinhalb Stunden täglich verbringen Menschen in Deutschland im Internet, das belegen Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2020. Nicht überraschend also, dass immer mehr Unternehmen für sich und ihre Marken auf verschiedenen Online-Plattformen werben. Thomas Hutter, CEO des Schweizer Beratungsunternehmens Hutter Consult AG für digitales Marketing, erklärt im Interview welche neuen Technologien im Marketing eingesetzt werden.

Was ist der Vorteil von digitalem Marketing?

Digitales Marketing ist im Vergleich zu klassischen Marketingmöglichkeiten individualisierbar und lässt sich genauer nachverfolgen. Dabei spielen die persönlichen Daten oder IP-Adressen der Zielgruppen keine entscheidende Rolle. Vielmehr ist es wichtig, wer sich wo und in welchem Bereich bewegt. Mithilfe dieser „touchpoints“ definieren wir die Marketingbotschaften der Unternehmen. Beim klassischen Marketing fehlen uns diese „touchpoints“ weitgehend.

Gibt es eine Standard-Plattform, die Sie für jede Branche empfehlen?

Die Auswahl hängt von der Zielgruppe und den Zielen eines Unternehmens ab. Nicht alle Plattformen sind für alle Ziele geeignet. Wenn wir die verschiedenen Plattformen betrachten, passt Facebook für viele Unternehmen. Vor allem im Bereich der professionellen Werbung sind die Technologien schon sehr weit. Analyse-Tools erkennen Kunden und Algorithmen erlauben es Firmen potenzielle Kunden gezielt anzusprechen.

In welchen Plattformen und Technologien sehen Sie Zukunftspotenzial?

Im asiatischen Raum lässt sich viel Potenzial im Bereich Messenger-Marketing erkennen. Ich denke, insbesondere in Richtung der automatisierten Kommunikation werden wir in Zukunft mehr sehen. Das wären beispielsweise Dialogsysteme wie Chatbots, die dem Nutzer auf bestimmte Fragestellungen antworten.

Wie sieht es mit Augmented Reality-Technologien auf den verschiedenen Plattformen aus?

Google propagiert Augmented Reality, kurz AR, relativ stark. Bei uns in Deutschland ist das allerdings noch nicht in der Werbung zu sehen, sondern in anderen Anwendungsmöglichkeiten. Das wären zum Beispiel Tiere oder Gegenstände, die man mit der Kamera auf einem Bild platzieren kann. Bei Facebook hingegen sehen wir den Einsatz dieser Technologien schon in den ersten Werbeanzeigen. Eine Werbeform ist zum Beispiel, etwas mithilfe der Kamerafunktion virtuell an- oder auszuprobieren. Nutzer können verschiedene Lippenstifte virtuell ausprobieren und sehen, wie die Farbe wirkt oder Brillen anprobieren und entscheiden, ob diese ihnen stehen.

Wie können Branchen Trends wie diese nutzen?

Virtual Reality, also VR, ist vor allem in den Bereichen Gaming, Unterhaltung und Bildung interessant. Der heutige Erdkundeunterricht zum Beispiel findet mithilfe von Atlanten oder Filmen statt. Es ist denkbar, dass mithilfe von VR Schüler irgendwann an virtuelle Orte reisen, um diese zu erkunden. Vielleicht ist irgendwann nicht mehr das Smartphone das „device number one“, sondern ein Gerät auf oder im Auge. Vielleicht sind es in Zukunft auch keine klobigen Brillen mehr, sondern etwas anderes, etwas Schlichteres.

Sehen Sie auch Risiken in diesen neuen Technologien?

Überall wo Chancen sind, sind auch Risiken. Das Thema Datenschutz ist allgegenwärtig und wenn wir beispielsweise an AR denken, müssen wir auch eingeblendete Informationen beachten. AR verarbeitet diese Informationen und wenn ich mich in einem Raum bewege und andere Menschen sehe, sind diese zwangsläufig irgendwo mitdigitalisiert. Da gibt es sicherlich Herausforderungen.

Wie sieht die digitale Kommunikation der Zukunft für Sie aus?

Schwierig. Angenommen es gibt keine 5G-Gegner mehr, wird die Kommunikation in Zukunft vermutlich umfangreicher und schneller sein als heute. Ich glaube, die digitale Kommunikation wird in Zukunft immersiver und interaktiver sein, als sie es heute ist. Das ist abhängig davon, wie neue Technologiestandards sich verbreiten können. Aber sie wird sicherlich viel mehr in Richtung AR, Virtual Reality und Bewegtbilder gehen, als das heute der Fall ist.

Vielen Dank für das Gespräch!