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Videospiele sind schon lange nicht mehr nur Zeitvertreib für Computerliebhaber. Laut dem auf die Games-Branche spezialisierten Marktforschungsunternehmen Newzoo erreichte der Games-Markt im Jahr 2018 weltweit ein Volumen von 138 Milliarden Dollar. Somit erzielt die Games-Branche größere Umsätze als die Musik- und Filmindustrie zusammen und ist daher die größte Unterhaltungsbranche unserer heutigen Zeit. Mit über sechs Milliarden Euro im Jahr 2019 hat Deutschland in Europa den größten Umsatz im Bereich digitaler Spiele erzielt. Damit liegt Deutschland dennoch weit hinter den Spitzenreitern Japan, USA oder China. Diese Länder erzielen drei- bis sechsmal so hohe Umsätze. Wie kommt das?

Keine „Leuchtturm“-Unternehmen in der deutschen Games-Branche

Das Forschungs- und Kompetenzzentrum „Audiovisuelle Produktion der Hamburger Media School (HMS)“ veröffentlichte bereits 2017 eine Studie über die deutsche Games-Branche. Das Forschungsteam befragte Unternehmen die innerhalb der letzten drei Jahre Leistungen für die Games-Branche erbrachten. Die Umfrage beschäftigte sich unter anderem mit der Frage, welche deutschen Standorte für die Games-Branche relevant sind.

Unter den Top Zehn Standorten nannten die befragten Experten unter anderem die deutschen Städte Berlin, Hamburg und München. Dennoch bemängeln sie, das sogenannte „Leuchtturm“-Unternehmen fehlen. Diese sind aus mehreren Gründen wichtig: Sie geben ihr Know-how an eine Vielzahl von Mitarbeitern weiter, machen einen Standort in der Wahrnehmung von Games-Mitarbeitern attraktiv, ziehen Investoren an und führen zu Ausgründungen weiterer Unternehmen. Das Ganze macht sich an der Angestelltendichte der Standorte mit „Leuchtturm“-Unternehmen bemerkbar. In den Städten San Francisco oder Los Angeles sind achtmal so viele Games-Mitarbeiter angestellt wie in Berlin.

Große Namen der Games-Branche wie Electronic Arts, Activision oder Zynga haben beispielsweise ihren Hauptsitz in Kalifornien. Manche wurden schon in den 1980er Jahren gegründet. Dadurch bildete sich in den letzten 30 bis 40 Jahren rund um diese „Leuchtturm“-Unternehmen ein dichtes Netz von sehr gut ausgebildeten und erfahrenen Spieleentwicklern.

Fehlende Triple-A-Titel

Für große Umsätze in der Games-Branche sorgen unter anderem Triple-A-Titel. Triple-A ist eine Einstufung in der Videospielindustrie und steht für Spiele, denen während der Entwicklung ein besonders hohes Budget zur Verfügung steht. Die Triple-A-Spiele müssen hohe Absatzzahlen erreichen, die die Ausgaben decken und möglichst viel Gewinn erzielen.

Das beste Beispiel ist der Triple-A-Titel „Grand Theft Auto V (GTA V)“, den Rockstar Games am 17. September 2013 veröffentlichte. Nach Angaben der schottischen Zeitung „Scotsman“ soll die Entwicklung des Spiels insgesamt 170 Millionen Pfund Sterling (210 Millionen US-Dollar) gekostet haben. Doch die Investition machte sich nach Veröffentlichung des Spiels schnell bezahlt. GTA V erschien zunächst nur für die beiden Konsolen Xbox 360 und PlayStation 3, brachte aber bereits in den ersten drei Tagen einen Umsatz von über einer Milliarde US-Dollar ein. Bei den deutschen Entwicklungsunternehmen mangelt es an solchen Triple-A-Titeln.

Mangelnde Qualität der Ausbildungs- und Studienangebote

In den letzten Jahren hat sich die Ausbildungs- und Studiensituation in Deutschland rund um das Thema digitaler Spiele grundlegend verändert. Inzwischen gibt es für die Games-Branche spezifische Berufsausbildungen und entsprechende Hochschulstudiengänge. Allerdings schneiden laut der HMS die Ausbildungs- und Studienangebote in Deutschland im internationalen Vergleich schlecht ab. Besonders gut dagegen sind die nordamerikanischen und skandinavischen Abschlüsse. Deren Hochschulen überzeugen beispielsweise durch ihr Personal. Im Vergleich zu Deutschland unterrichten dort deutlich mehr Fachexperten, so die Einschätzung der Befragten.

Internationale Spieleentwickler in der deutschen Games-Branche

Vom Jahr 2018 auf 2019 stiegen die Umsätze der deutschen Games-Branche um sechs Prozent. Damit erreichten sie im letzten Jahr den höchsten Umsatz in Europa. Um jedoch mit Ländern wie Japan, USA oder China zu konkurrieren, fehlt es an großen Entwicklungsunternehmen mit Triple-A-Titeln im Programm. Nur wenn es gelingt, solche Unternehmen nach Deutschland zu locken, kann auch hier eine international wettbewerbsfähige Infrastruktur entstehen.

Im Techtalkers-Blog: Die bayerische Games-Branche im Blick