Lesedauer: 5 Minuten

Pong ist eines der bekanntesten Videospiele der Welt. Auch viele Personen, die sonst nichts mit Videospielen zu tun haben, kennen diesen Namen. Schwarz auf weiß wird ein kleiner Pixel mit den von Spieler*innen gesteuerten „Schlägern“ wie beim Tennis über den Bildschirm geschlagen. Dieses Spielprinzip wird bis heute weltweit immer wieder neu aufgelegt und vertrieben. Eine der exotischeren Versionen ist das BSS (Bildschirmspiel) 01 – die einzige DDR Heimspielkonsole.

Brot und Spiele für die Bevölkerung

Im Rahmen der sogenannten „Konsumgüterproduktion“ der DDR, wollte die Regierung mit Hilfe von Videospielen dem Rest der Welt die Errungenschaften des Landes zeigen. Deshalb ließ sie das BSS 01 mittels importierter westlicher Technologie entwickeln. Gebaut wurde es im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder und zwischen 1979 und 1981 produziert. Das heißt, dass es dem 1986 erschienenen „Poly-Play“ voraus ging. Das war der erste und einzige stationären Videospielautomaten der DDR. Insgesamt wurden ungefähr 1000 Stück des BSS 01 produziert – 800 schwarze und 200 weiße Konsolen. Die Konsole hatte einen hohen Preise von ungefähr 500 Mark. Deshalb kamen die meisten Konsolen nicht privat, sondern in Jugendzentren zum Einsatz.

Das Videospiel als Prestigeobjekt der DDR

Im Westen waren Videospiele schon lange auf dem Markt. Bereits zwischen 1973 und 1977 haben sich Firmen wie ITT Schaub-Lorenz, Grundig oder Blaupunkt in der Bundesrepublik an Heimkonsolen probiert. Viele davon nutzen sogar die gleiche Technik wie das BSS 01. In der freien Marktwirtschaft war das Konzept Videospiel allerdings ein Produkt unter vielen. Zwar waren viele flüchtig interessiert an dem Thema Videospiel, aber eigentlich waren es die „Nerds“ und Kinder, die eine eigene kleine Subkultur gründeten. In der DDR sollte das BSS 01 zeigen, dass Ostdeutschland sowohl technisch als auch vom Knowhow her problemlos mit Westdeutschland mithalten konnte. Damit reihte sich das BSS 01 in DDR-Lern- und Heimcomputer ein, die vor allem Westdeutschland die technischen Möglichkeiten der DDR vor Augen führen sollten.

Tennis, Fußball, Squash und… Pelota?

Das BSS 01 bietet vier verschiedene Spiele an. Tennis, Fußball und Squash sind abgewandelte Versionen des klassischen Pong. Pelota – quasi Squash für eine Person – ist das einzige Einspieler*innen-Spiel. Gespielt wird mit kabelgebundenen Controllern, die jeweils über einen Drehknopf verfügen. Wird der Knopf gedreht, bewegt sich der „Schläger“ auf dem Bildschirm nach oben oder nach unten. Taster an der linken Seite der Konsole personalisieren die Spiele. Einstellbare Ballgeschwindigkeit, Ablenkwinkel, Schlägergröße etc. sorgen für Abwechslung.

Der AY-3-8500 Chip – Das All-in-One-Paket

Die Basis des BSS 01 bildet der Chip AY-3-8500 des Herstellers General Instrument aus den USA. Dieser Chip beinhaltet alles, um eine Videospielkonsole zu entwickeln. Auf ihm sind die Spiele gespeichert, er ermöglicht die Ton- und Bildausgabe und die Eingabe per Controller. Sogar Bastler*innen konnten damit und mithilfe von Anleitungen (z.B. aus dem Electronics Today International Magazin) eigene Konsolen bauen. Der Chip enthält sechs wählbare Spiele. Davon werden vier vom BSS 01 unterstützt. Die anderen beiden Spiele benötigen bestimmte Bedienelemente, die nie für das BSS 01 produziert wurden . Der Chip hatte einen geringen Preis von etwa sechs US-Dollar. Deshalb versuchten viele westliche videospielferne Firmen (wie z.B. Neckermann) mit seiner Hilfe in einen wachsenden Markt einzusteigen. Doch durch die Überflutung des Marktes, mit zu vielen Videospielsystemen und fehlender Qualitätskontrolle, platzte 1983 letztlich die „Videospielblase“.

Sammlerstück und Kuriosum, aber kein Meilenstein

Das BSS 01 macht genau eines interessant: seine Herkunft. Ohne dieses Alleinstellungsmerkmal wäre es längst vergessen. Genauso wie seine Brüder und Schwestern, die den AY-3-8500 Chip enthalten. Auch Nicht-Videospiel-Interessierte hören die Geschichte durch diese Besonderheit gerne.

Quellen:

https://archive.org/details/1stGenPong/Europe/VEB-RFT_Bildschirmspiel_BSS-01%28german%29/mode/2up?view=theater

https://archive.org/details/1stGenPong/Europe/RFT_BSS_01_Service_Manual%28german%29/mode/2up?view=theater

 

Das könnte Sie auch interessieren:

OSSC – Alte Konsolen neues Leben?

Konkurrenzfähigkeit der deutschen Games-Branche

Die bayerische Games-Branche im Blick