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Als Netflix sich im Jahr 2007 dem Video-on-Demand-Geschäft widmete, wurde die Filmwelt verändert. Nie war es einfacher, Filme und Serien bequem zu Hause zu konsumieren. Aber zu welchem Preis? Heute sehen wir das Ausmaß der Nachteile, die der Streaming-Anbieter Filmkunst und Filmliebhabern beschert.

Netflix spielt auf Nummer sicher

Netflix ist ein Produkt für die Massen. Ähnlich wie Popmusik dockt es an das für die Konsumenten Bekannte an. Frei nach dem Motto „Never change a running system“ wagt der Streaminganbieter kaum Experimente. Netflix geht so weit, dass der Streaming-Dienst sogar seine eigenen Filme produziert. Die Homogenität zeigt sich in extremer Form an den zwei Filmen „Sierra Burgess Is a Loser“ und „To All the Boys I’ve Loved Before”. Handlungen ähneln sich, die Ästhetik folgt einem Muster und Schauspieler werden – für die mehr oder weniger gleich Rolle – besetzt.

Der klassische Netflix-Look

Beide haben den klassischen Netflix-Look, ein dunkles Bild mit stark gesättigten Farben. Das ist genreübergreifend in vielen Netflix-Produktionen so zu sehen. Auch die Story ist ähnlich und obendrein spielt in beiden Filmen derselbe Schauspieler Noah Centineo eine große Rolle. Beide Produktionen sind weder gut noch schlecht. Sie sind da, um geschaut und nicht um gesehen zu werden.

Natürlich gibt es auch Eigenproduktionen, die aus der Masse an mittelmäßigen Filmen herausstechen, wie „The Irishman“ von Marin Scorsese oder „Roma“ von Alfonso Cuarón. Beide waren Oscar-Kandidaten. Aber Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.

Netflix streicht die Langeweile

2019 brachte Netflix ein neues Feature in die Wohnzimmer. Mit wenigen Klicks kann jeder die Wiedergabegeschwindigkeit von Filmen und Serien verändern. Obwohl nur die wenigsten diese Funktion nutzen dürften, ist es ein Mittelfinger an alle Filmschaffenden. Der Zuschauer verändert dadurch die Dramaturgie des Werks und lässt gewollte, ruhige Momente des Künstlers nicht zu. „Wollen die Kunden auch 1,5 Mal schneller essen oder Sex haben? […] Muss denn alles für die Faulsten und Geschmacklosesten gemacht werden?“, so der US-amerikanische Regisseur Peter Ramsay auf Twitter.

Zu viele Streaming-Anbieter – zu wenig Nutzerfreundlichkeit

Trotz aller Nachteile, die Netflix hat, könnte man wenigstens die volle Auswahl an Filmen und Serien erwarten. Falsch gedacht, denn mittlerweile existieren zu viele Streaming-Anbieter, auf die sich das Angebot verteilt. Die wichtigsten sind Amazon Prime Video, Netflix, Disney+, Sky, Apple TV+, Joyn Plus, RTL+ und MagentaTV. Bei dieser Zahl von Streaming-Diensten kommt selbst Johannes Hammersen, Gründer der Plattform werstreamt.es nicht mehr mit. Auf seiner Webseite ist es möglich, die Verfügbarkeit von Filmen und Serien nachzuschauen. „Ich bin immer wieder verwundert, wenn User uns sagen: Dieser Anbieter fehlt noch. Also von daher: Nein, offensichtlich habe auch ich diesen Überblick nicht”, so Hammersen in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen.

Wer die fünf größten privaten Anbieter abonniert, zahlt jeden Monat 45 Euro. Am Ende des Jahres sind das fast 550 Euro. Nutzerfreundlichkeit geht anders.

Qualität statt Quantität

Bei der Vielzahl an Angeboten wird einem bewusst, dass ein Leben nicht reicht, um alle Filme und Serien gesehen zu haben. Wer Netflix schaut, der riskiert qualitativ hochwertige Filme zu verpassen und stattdessen den immer gleichen Trott einer Contentmaschinerie zu schauen.