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Vor kurzem kam mein neues Smartphone an. Ich habe die Bestellung absichtlich noch vier Monate hinausgezögert, um die Releases der namhaften Hersteller abzuwarten. Dennoch waren alle Neuerungen enttäuschend: Ein zwanzig Prozent schnellerer Prozessor hier, ein etwas besserer Zoom da und ein minimal höherfrequentes Display dort. Doch warum bleiben die Innovationen in der Smartphone-Branche aus?

Sättigung des Marktes bremst Innovationsforschung

In Deutschland besitzen im ersten Quartal 2021 über sechzig Millionen Menschen ein Smartphone. Bei gut achtzig Millionen Einwohnern hat gerade einmal jeder vierte kein Smartphone. Hierunter fallen hauptsächlich Babys und Kleinkinder sowie Rentner. Laut statistischem Bundesamt besitzen gerade einmal 2,5 % der Haushalte in Deutschland kein Mobiltelefon.

Natürlich ist Deutschland im weltweiten Vergleich damit ein Extremfall, doch auch in vielen anderen Ländern sind die meisten Haushalte flächendeckend mit Smartphones ausgestattet. Immerhin knapp fünfzig Prozent aller Menschen auf der Welt besitzen laut Newzoo ein Smartphone. Die Geräte werden immer langlebiger und müssen somit nicht mehr jährlich ausgetauscht werden. Das senkt die Gesamtnachfrage jedes Jahr etwas mehr und wirkt sich auf die Budgets für die Erforschung von Innovationen aus.

Dennoch verkaufen alle Hersteller zusammen allein in Deutschland jährlich etwa zwanzig Millionen Smartphones mit einem Durchschnittspreis von ungefähr 500 €. Die sinkende Nachfrage allein kann nicht der einzige Grund für die ausbleibenden Innovationen sein.

Innovationen brauchen Zeit

Das erste iPhone kam 2007 auf den Markt. Damals war es eine echte Innovation, da der Touchscreen seitdem erst richtig benutzerfreundlich ist. Berührungsempfindliche Displays existieren bereits seit den 1970er-Jahren. 1992 kam sogar das erste Handy mit einem solchen Screen auf den Markt.

Doch bis eine Innovation marktreif ist, können gut und gern 15 bis 25 Jahre vergehen. Aktuell befindet sich die Smartphone-Branche in einer erneuten Findungsphase. Die Anfänge einer möglichen nächsten Innovation sehen wir bereits heute in Ansätzen: Faltbare Displays, wie sie beispielsweise vom Samsung Galaxy Z Fold 2 bekannt sind. Ein weiteres Beispiel ist die Kamera unter dem Display. Dadurch beeinträchtigen keine Einkerbung und kein Loch mehr den Bildschirm des Smartphones.

Innovationen enden häufig als Nischenprodukte

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Bekommt er etwas neues in die Hände, begeistert er sich dafür. Trotzdem fühlt er sich in gewohnter Umgebung wohler. So kommt es, dass die meisten Zeit brauchen, bis sie eine Neuheit, wie beispielsweise das faltbare Display, akzeptieren und im Alltag verwenden.

Innovationen sorgen oft für einen kurzen Aufschrei und begeistern sogenannte Early Adopter. Oft versinken sie dann aber in einer Nische. Dort verwenden sie noch ein paar Hardcore-Nutzer. Häufig entwickeln die Hersteller in diesem Bereich dann nicht mehr weiter.

Auch der Preis spielt eine entscheidende Rolle. Solange eine neue Technologie deutlich mehr kostet als ein altbewährtes Produkt, setzt sie sich nicht durch. Hinzu kommt die Erfahrung, dass neue Technologien oft noch nicht ganz ausgereift sind. Erst wenn die Fehler ausgemerzt sind und sich der Preis normalisiert, hat eine Innovation auch bei Alltags- und Gelegenheitsnutzern eine Chance auf dem Markt.

Wo bleibt die nächste Innovation?iPhoniPhon

Realistisch gesehen schleicht sich das nächste große Ding bereits langsam an. Irgendwann wird möglicherweise jeder sein Handy mindestens einmal falten, es somit endlich wieder in seine Hosentasche bekommen – und hat trotzdem jederzeit ein großes Display. Bis der Stand der Technik so weit fortgeschritten ist, wird es aber noch ein paar Jahre dauern.

Quellen: statistisches Bundesamt, Newzoo, 4logistic