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Die Notenvergabe in höheren Dressurklassen ist kompliziert. Faktoren wie die Benotung jeder einzelnen Lektion, das Zusammenspiel mehrerer voneinander unabhängiger Richter und Koeffizienten für einzelne Lektionen ergeben ein komplexes Berechnungssystem für das Endergebnis. Seit der Turniersaison 2021 steht auch Veranstaltern von kleineren Dressurturnieren mit ProJudge eine Software zur Verfügung, mit der die Berechnung der Ergebnisse stark vereinfacht wird. Damit findet die Digitalisierung nun auch im Dressursport ihren Einzug.

 

Spannenderer Dressursport durch Digitalisierung

Auf einem herkömmlichen Turnier sammelt ein Läufer die verschiedenen Richterbögen ein und bringt sie zu einer Rechenstelle. Dort holt er das errechnete Ergebnis nach einiger Zeit wieder ab und bringt es zum Turniermoderator, der das Ergebnis schließlich durchsagt. Die Software kürzt diesen Prozess enorm ab: Der Algorithmus benötigt nur Sekundenbruchteile für die Berechnung, gleichzeitig sind Rechenfehler quasi ausgeschlossen. So müssen bei der Erstellung des Zeitplans für das Turnier keine Pausen mehr eingeplant werden, um Rückstände bei der Berechnung der Ergebnisse aufzuholen. Auch für Reiter und Zuschauer werden Dressurturniere kurzweiliger. Statt nach einer Wartezeit von bis zu einer Dreiviertelstunde wird das Ergebnis direkt am Ende des Rittes bekanntgegeben. Der Sieger steht sofort nach dem letzten Ritt fest.

So funktioniert die Software

Per WLAN werden die Noten in Echtzeit an eine e-Antenne übertragen, die mit einem Router gekoppelt ist. Der Router überträgt die Noten an die Rechenstelle, diese berechnet das Ergebnis ständig neu. So können die Richter zu jeder Zeit sehen, in welchem Ergebnisbereich und auf welcher Platzierung sich der Reiter aktuell bewegt. Sobald die letzte Note am Ende des Rittes eingegeben ist, steht das Endergebnis des Reiters fest und wird vom Sprecher durchgesagt. Zusätzlich wird das Ergebnis auf eine Anzeigetafel projiziert, die ebenfalls mit dem Router gekoppelt ist.

WLAN ist ein Muss

Um die Software zu nutzen, ist eine stabile WLAN-Verbindung unabdingbar. Diese ist jedoch nicht auf jedem Reiterhof vorhanden. Teilweise gibt es keinen Internetanschluss in Reichweite des Turnierplatzes. Ein Hotspot über das mobile Netz ist aufgrund der schlechten Mobilfunknetzabdeckung in Deutschland nicht überall möglich. Doch wenn eine stabile Internetverbindung vor Ort gegeben ist – und auf vielen Turnierplätzen in Deutschland ist das dann doch der Fall – profitieren Zuschauer, Reiter und Turnierveranstalter von der Digitalisierung.

Nicht alle Dressur-Richter sind technikaffin

Es ist kein Geheimnis, dass es im Dressursport einige Richter gibt, die „vom alten Schlag“ sind und technischen Neuerungen erstmal skeptisch gegenüberstehen. Solchen Menschen fällt es häufig schwer, die Technologie anzuwenden. Routinierten Smartphone-Nutzern hingegen fällt die Bedienung der Software sehr leicht. Die beste Software ist nutzlos, wenn sie nicht angenommen wird. Die Zahl dieser Fälle nimmt allerdings immer weiter ab: So mancher Skeptiker ließ sich schon von den Vorteilen der Technik überzeugen.

Backup auf Papier ist anzuraten

Der alleinige Verlass auf Technologie birgt jedoch Risiken: Falls die Software unerwartet ausfallen sollte, wären im schlimmsten Fall alle Ergebnisse weg. Dies könnte passieren, wenn es zu einem Stromausfall kommt, die WLAN-Verbindung ausfällt oder ein Bug im Programm Fehler verursacht. Auch der Faktor Mensch kann hier eine Rolle spielen: Ein grober Bedienungsfehler führt womöglich zu Datenverlusten. Das passiert nicht oft, dennoch sind die Risiken nicht außer Acht zu lassen. Deshalb ist die gängige Praxis, neben der Eingabe in die Tablets, die Noten für die einzelnen Lektionen auch auf dem konventionellen Papierbogen zu notieren, um zusätzlich alle Endergebnisse analog festzuhalten. Die neue Software für Digitalisierung im Dressursport stellt eine Chance für Turnierveranstalter dar und erleichtert die Organisation und Durchführung eines Turniers immens. Allerdings nur, wenn die technischen Voraussetzungen stimmen, denn ohne Internet läuft nichts.

Quelle:

https://grabmayer.de/index.php/veranstalter/projudge-dressage.html

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