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Im ersten Moment erinnert die Lernfabrik von Fischertechnik an das frühere Kinderzimmer voller Legospielsteine. Nach Angaben des Herstellers versteckt sich hinter den roten und schwarzen Bauteilen aber weitaus mehr. Bei dieser Simulation einer Fabrik handelt es sich um ein flexibles Trainingsmodell für das Lernen und Begreifen von Industrie-4.0-Anwendungen. Lesen Sie zu diesem Thema mehr unter Industrie 4.0 – wo ist die vierte industrielle Revolution?”.

Ein Exemplar befindet sich im Büro von Martin Ley in der Hochschule für angewandte Wissenschaften München. Der Professor unterrichtet unter anderem die Strukturierung und Standardisierung für technische Dokumentation im Studiengang Technische Kommunikation und Redaktion. Seit dem Sommersemester 2019 nutzt er die Lernfabrik von Fischertechnik für seine Vorlesung „Informationsmanagement”. In diesem Interview erklärt er, welche Pläne er mit der Lernfabrik verfolgt.

Seit dem Sommersemester 2019 wird diese Lernfabrik von Fischertechnik vom Studiengangs TRK zur Verdeutlichung für technische Dokumentation genutzt (Foto: Daniel Kozlowski)

Guten Tag Herr Ley. Erzählen Sie doch zu Anfang, wie Sie von der Lernfabrik von Fischertechnik erfahren haben?

Ley: Ich bin in der Süddeutschen Zeitung auf einen Artikel über die Anlage gestoßen. Dort stand, dass Fischertechnik diese Anlagen Firmen für Schulungs- und Aufklärungszwecke bereitstellt. Die Überlegung war, dass wir mithilfe dieser Simulation das Thema Informationsmanagement, also den intelligenten Umgang mit Informationen, aufzeigen.

Eine Herausforderung bisher war, gute Demonstrationsbeispiele zu finden. Also Fälle, an denen der Studiengang Technische Kommunikation und Redaktion deutlich macht, was sich eigentlich dahinter verbirgt.

Wie genau würden Sie den Inhalt Ihres Studiengangs beschreiben?

Der Studiengang Technische Kommunikation und Redaktion bildet junge Menschen aus, um technische Inhalte zu kommunizieren. Dazu muss festgelegt werden, wer die Zielgruppe ist und wie die Technik funktioniert. Die Informationen müssen anschließend strukturiert und anwendergerecht aufbereitet werden. Zum Schluss wird dann alles publiziert.

Inwieweit hilft Ihnen die Simulation einer Fabrik dabei, das zu demonstrieren?

Ley: Was wir an dieser Simulation sichtbar machen, ist ein typisches Phänomen, wie es in vielen realen Anlagen zu finden ist: Wir haben eine Produktionsstrecke, in die verschiedene Maschinen integriert sind. In der Regel stammen diese Maschinen von unterschiedlichen Herstellern. In einer echten Fabrik werden sie dann miteinander verbunden und vernetzt.

Wenn wir jetzt an die Anleitungen für diese Geräte denken, so dokumentiert jeder Hersteller sein Produkt anders. Am Ende muss der Betreiber der Gesamtanlage in der Lage sein, diese zu warten oder, im Falle eines Fehlers, diesen zu finden.

Bei dieser Miniaturanlage stammen aber alle Einzelteile von Fischertechnik. Inwieweit simulieren Sie damit den Realitätsfall, also verschiedene Maschinen von unterschiedlichen Herstellern?

Ley: Ich habe die Studenten aus dem Kurs in vier Teams aufgeteilt. Jedes Team hat ein anderes Bauteil und arbeitet für sich, ohne sich mit den anderen Gruppen abzustimmen. Damit erhalten wir am Ende jeweils unterschiedliche Ansätze. Zusätzlich benutzen die Gruppen die Redaktionssysteme von drei Herstellern. Diese haben natürlich alle jeweils andere Formate und Strukturen.

Jede Gruppe erfasst die Inhalte ihrer Maschine, arbeitet diese mithilfe ihres Redaktionssystems ein und am Ende wird alles publiziert. Wenn das Content-Delivery-Portal von der gleichen Firma ist, ist das Ganze einfach. Sobald wir aber versuchen, ein System auf der Plattform einer anderen Firma zu veröffentlichen, funktioniert auf einmal gar nichts mehr. Das ist die Problemstellung, welche wir am Ende präsentieren wollen.

Sie haben von vier Gruppen, aber nur von drei Redaktionssystemen gesprochen. Womit beschäftigt sich die letzte Gruppe?

Ley: Die vierte Gruppe vernetzt die unterschiedlichen Daten der anderen Gruppen über eine separate Software miteinander. Am Ende hat der Anwender über diese Software Zugriff auf alle Daten.

Wie sehen Ihre Pläne für die Fischertechnik nach diesem Semester aus?

Ley: Wir werden unsere ersten Ergebnisse im November auf der Jahresversammlung der Tekom, einem der größten Fachverbände für technische Dokumentation, vorstellen. Dort wird die Lernfabrik auf dem Stand der Firmen Pantopix und Accepta AG ausgestellt werden.

Im nächsten Semester habe ich vor die Anlage mit Sensoren auszustatten. So kann sie beispielsweise selbstständig zu Wartungen auffordern, wenn eine bestimmte Anzahl an Handlungsabschnitten abgeschlossen wurde.

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg bei Ihrem Projekt.