Der E-Scooter-Boom erreichte in den warmen Monaten seinen Höhepunkt. Von bis zu sechs unterschiedlichen Anbietern rollen in einigen deutschen Städten Scooter über die Straßen. Im Sommer war die Nachfrage hoch. Doch der Winter mit seinen glatten, verschneiten Straßen steht vor der Tür. Nun stellt sich die Frage, wohin mit den fahrbaren Untersätzen, wenn Schnee und Eis die Fahrten unmöglich machen?
Der Härtestest für E-Scooter naht
Die Sharing-Anbieter Lime, Voi, Tier und Co. starteten diesen Sommer mit dem Geschäftsmodell E-Scooter. Bundesminister Andreas Scheuer sah in den Scootern die Chance für „neue Wege moderner, umweltfreundlicher und sauberer Mobilität in unseren Städten“.
Neben den Zielen, Autos und Staus in den Städten zu reduzieren und bestehende Engpässe im Netzwerk des öffentlichen Nahverkehrs zu beseitigen, sind die Anbieter darauf angewiesen, aus ihrem Geschäftsmodell Profit zu schlagen. Das gelang im Sommer, doch zum Wechsel der Jahreszeit sinkt nicht nur die Temperatur, sondern auch die Nachfrage nach den Scootern. Grund dafür ist das für die Jahreszeit typische nasskalte Wetter und die erhöhte Unfallgefahr bei Glatteis und Schnee: Ein wahrer Härtetest für die Anbieter von Sharing-Diensten.
Der Rückgang lässt sich gut an Fahrradfahrern beobachten, deren Fahrbereitschaft im Winter laut Statistik sinkt. Ein solcher Rückgang ist auch für das Verhalten der E-Scooter-Nutzer zu erwarten. Doch was passiert mit den vielen E-Tretrollern während der kalten Monate? Die Anbieter haben unterschiedliche Pläne. Eines ist jedoch sicher, die Scooter verschwinden über den Winter nicht von den Straßen.
Die Pläne der E-Scooter-Anbieter
Derzeit hüllen sich die Sharing-Dienste noch in Schweigen, wenn es um Zahlen für den Winter geht. Doch Fakt ist, dass die Nachfrage nach den E-Scootern im Winter sinkt. Daher passen die Anbieter ihr Angebot auf die Nachfrage an. Sonst stünden überfüllte Gehsteige mit ungenutzten Scootern bevor, deren Wartung und Instandhaltung unnötige Kosten für die Anbieter verursachten.
Für die Roller, die auf den Straßen „überwintern“, gibt es bereits Pläne. Die meisten Firmen behalten es sich vor, ihren Service bei einer schlechten Wetterlage abzuschalten. „Sobald das Fahren gefährlich werden könnte, zum Beispiel durch extreme Wetterbedingungen wie Eis und Schnee, werden wir den Betrieb unterbrechen, bis sich die Bedingungen verbessern“, teilte Anbieter Uber der dpa mit. Damit kommen die Firmen der Forderung des TÜV-Verbands nach, die E-Scooter in den Städten bei schlechtem Wetter zu sperren, um Unfälle zu vermeiden.
Sind E-Scooter winterfest?
Einige Verleiher arbeiten an einer winterfesten Version ihrer fahrbaren Untersätze. So plant Tier laut dpa, ein neues Scooter-Modell auf die Straßen zu bringen. Das sorge „mit einem größeren Vorderrad, Hinterradantrieb und einem höheren Gewicht für bessere Bodenhaftung. Auch das Licht des Scooters ist auf die dunkle Jahreszeit angepasst, also noch heller.“
Voi ist anderen Anbietern voraus und rüstet sich mit der neuen Voi-2-Variante. Das neue Modell mit besseren Bremsen und breiterem Trittbrett löst die alten Voi-Scooter ab. Claus Unterkicher, Geschäftsführer von Voi, erklärte Chip.de, dass die neuen Scooter extra robust seien und auch stärkeren Witterungsbedingungen standhielten. Eine Allwetterbereifung sorgt dafür, dass die Roller die Nutzer bei schlechten Wetterbedingungen nicht im Stich lassen. Anbieter Circ beteuert, seine Roller seien zu jeder Jahreszeit einsatzbereit.
Keine Akkuprobleme im Winter
Die Sorge einiger Nutzer, der Akku verliere durch die Kälte an Reichweite, teilen die Anbieter nicht. Die in den Scootern verbauten Lithium-Ionen-Akkus halten Temperaturen von bis zu minus 15 Grad Celsius stand. Für den Akku ist es sogar sinnvoll, die Roller während des Winters zu nutzen, anstatt sie nur in der Kälte stehen zu lassen. Lars Zemke vom Bundesverband Elektrokleinstfahrzeuge erklärt dem Bayerischen Rundfunk gegenüber: „Da während der Fahrt der Akku Wärme entwickelt, ist Fahren immer die ideale Situation im Winter.“
Einige Anbieter greifen auf Erfahrungen im letzten Winter zurück. Zwar gab es damals noch keine E-Scooter, dafür aber E-Bikes. Uber beispielsweise stellte „keinen wesentlich umfassenderen Ladebedarf” fest, schreibt die Pressestelle dem Verbraucherportal Chip.de. Einige Anbieter rechnen trotzdem mit einer kürzeren Laufzeit der Akkus, wenn die Temperaturen für einen längeren Zeitraum um den Gefrierpunkt bleiben.
Auch wenn sich die Anbieter Mühe geben, Sicherheit zu gewährleisten, stehen die Scooter weiterhin in der Kritik. Zahlreiche Unfälle, unsachgemäße Nutzung, Behinderungen auf Rad- und Gehwegen und eine zweifelhafte Klimabilanz gehen mit den E-Scootern einher. Daran ändern weder bessere Bremsen, breitere Trittbretter noch das Fahrverbot bei schlechtem Wetter etwas.