Medien berichten fast täglich von Raumfahrtexpeditionen. Besonders beliebt und bekannt sind Projekte, mit denen Menschen Gesichter verbinden. Zu diesen Gesichtern zählt Alexander Gerst, der im Juni 2018 in einem bemannten Raumschiff das zweite Mal an der Internationalen Raumstation (eng. International Space Station, kurz ISS) andockte. Im europäischen Columbus-Modul arbeitete er an einigen Experimenten. Auf seinem Twitter-Kanal teilte er seine Erlebnisse und Eindrücke.
Doch wer koordiniert den Betrieb der wissenschaftlichen Experimente? Wie ist die Kommunikation zwischen Bodenstationen und Astronauten hunderte Kilometer von der Erde entfernt möglich?
Verantwortlich für diese Kommunikation sind Menschen hinter den Kulissen. Ihre Gesichter erscheinen nicht in den Medien, aber ohne sie wäre die bemannte Raumfahrt nicht möglich.
Kommunikation in der bemannten Raumfahrt
Es gibt ganze Kontrollräume, die rund um die Uhr Astronauten oder auch Satelliten betreuen und deren Missionen überwachen. Alle Beteiligten sind durch ein Kommunikationssystem verbunden, das über verschiedene Kanäle verfügt. „Die Kommunikation innerhalb der einzelnen Kanäle funktioniert somit ähnlich wie in einem Konferenzsaal“, erklärt Rolf Kozlowski, Abteilungsleiter für Kommunikation und Bodenstation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR). Bei technischen Problemen oder der Ausführung von Experimenten in der Schwerelosigkeit unterstützen Spezialisten im Kontrollraum das Team im All. Unter ihnen sind Ingenieure und Wissenschaftler diverser Fachbereiche.
Openvocs als Verständigungsmittel
„Neue Systeme entwickelt das DLR nur, wenn diese auch innovativ sind“, bemerkt Rolf Kozlowski. Openvocs oder ausgeschrieben „open voice communication systems“ erfüllt diese Voraussetzung. Denn das neue Kommunikationssystem passt sich dem Nutzer und seinen Bedürfnissen an, da es vollständig konfigurierbar ist. Darüber hinaus verfügt es über neuartige Client-Server-Konzepte.
Die Open-Source-Software ersetzt zukünftig stationäre Geräte innerhalb der Kontrollräume, deren Aufbau durch die einzelnen Bauteile und Elemente eher starr ist. Die Struktur der dynamischen Software ist angelehnt an Vorgängerversionen des Systems. Aber es gibt gravierende Unterschiede. Openvocs passt sich an das Endgerät an und benötigt keine zusätzliche Hardware in Form von Knöpfen oder Reglern, wie es bei seinen Vorläufern der Fall ist. Die webbasierte Schnittstelle des Systems sorgt für zusätzliche Sicherheit, da so eine physikalische Trennung möglich ist. Darum ist Openvocs nicht an einen festen Arbeitsplatz gebunden.
Kommunikationskanäle innerhalb des User Interfaces
Die Benutzeroberfläche des Systems Openvocs besteht aus Buttons. Jeder dieser Buttons repräsentiert einen Kommunikationskanal. Derzeit gibt es circa 600 Kommunikationskanäle, die sich in unterschiedliche Sets gliedern. Einige der Kanäle simulieren ein Training, um die Mitarbeiter in den Kontrollräumen auf Missionen vorzubereiten oder Abläufe zu üben. Sobald eine Person innerhalb eines Kommunikationskanals redet, kann kein anderer gleichzeitig sprechen. Die Kommunikation des Systems ist hierarchisch und prozedural geregelt.
Zukünftige Einsatzgebiete von Openvocs
Bisher gibt es Openvocs nur als Prototyp. Die Entwickler führen derzeit Experimente durch und implementieren weitere Funktionen, wie die Interaktionsmöglichkeit mit anderen Systemen oder das Zurückspulen innerhalb von Kanälen.
Geleitet wird das Projekt von dem German Space Operations Center (GSOC). Die Abteilung der Simulations- und Softwaretechnik des DLR unterstützt und berät das Vorhaben. Das Ziel ist, Openvocs noch im Jahr 2019 in den Arbeitsalltag zu integrieren. Die Mitarbeiter in den Kontrollräumen werden zuerst Zugang zum System haben. Sie testen die Handhabung und Funktion von Openvocs in der Praxis, haben aber auch Zugriff auf das bestehende System. „Der nächste Schritt ist dann der Einsatz des Systems für kleinere Projekte, bzw. Bereiche wie etwa der Verbindung zwischen den Standorten Oberpfaffenhofen (Kontrollzentrum) und Weilheim (Antennenstandort)“, so Rolf Kozlowski.
Im Moment sind bemannte Raumfahrtexpeditionen daher noch außenvor. Umso besser, dass Alexander Gerst seit Weihnachten zurück auf der Erde ist und uns, nicht nur über Social Media, informiert und auf dem Laufenden hält.