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Die deutsche Automobilbranche hängt in der Elektromobilität nicht nur dem Konkurrenten Tesla hinterher, sondern auch den chinesischen Herstellern. Deutsche Automobilhersteller haben erkannt, dass sie im Verzug sind. Sie haben angekündigt, in den nächsten Jahren größere Summen in die Elektromobilität zu investieren. Haben die Automobilhersteller diese Entscheidung zu spät gefällt? Ich denke, ja.

Kaum Investitionen in die E-Infrastruktur

Der VW-Konzern hat im November 2018 angekündigt, in den nächsten fünf Jahren 44 Milliarden Euro in Elektromobilität, autonomes Fahren und Digitalisierung zu investieren. Das entspricht einem Drittel der Gesamtausgaben. Der Schwerpunkt der Investitionen soll in die Elektromobilität fließen. Geplant ist, aus den aktuell sechs batterieelektrischen Modellen 50 zu machen. Auch Daimler hat ein milliardenschweres Investitionsprogramm angekündigt. Der Fahrzeughersteller aus Stuttgart möchte bis 2030 allein in Zellen für die Elektrobatterien der Fahrzeuge 20 Milliarden Euro investieren. Auch BMW und Porsche kündigten größere Investitionen in die Elektromobilität an.

Zu Investitionen in die E-Infrastruktur sagen die Automobilkonzerne jedoch fast nichts. Die Initiative Ionity von VW, Daimler, BMW und anderen, ist die einzige konkrete Antwort der Automobilriesen. Das Ziel der Initiative ist es, bis 2020 eine flächendeckende Schnellladeinfrastruktur aufzubauen. Dafür sollen 400 Schnellladestationen entstehen. All diese Bemühungen sind jedoch mehr Alibiaktionen der Automobilbranche in Deutschland. Laut „Nationale Plattform Elektromobilität“ benötigen wir bis 2020 etwa 7.100 Schnellladestationen. Damit deckt die Automobilindustrie gerade mal 5,6 Prozent der benötigten Schnellladetationen ab. Sie argumentiert genau wie Energieversorger und Tankstellen damit, dass die Nachfrage zu gering sei und sich damit größere Investitionen nicht lohnen würden.

Ein anderes unterschätztes Problem kommt hinzu, wenn man die Einschätzung der Energiewirtschaft betrachtet. Diese sagt, das Stromnetz in Süddeutschland sei nicht auf eine Verbreitung von Elektroautos vorbereitet. Ab einer Elektrofahrzeug-Quote von 30 Prozent komme es zu Engpässen bei der Stromversorgung, so eine Studie der Technischen Universität München. Für den Netzausbau seien bis zu elf Milliarden Euro notwendig. Wer diese Kosten übernimmt, bleibt abzuwarten.

Keine deutschen E-Fahrzeug-Innovationen

Deutsche Automobilkonzerne positionieren ihre E-Fahrzeuge zum Großteil im oberen Preissegment. Der Anspruch der Mittelschicht, dass die deutsche Automobilbranche kostengünstige Elektrofahrzeuge produziert, wird verfehlt. Statt neuer Innovationen versuchen sich die deutschen Automobilhersteller vielmehr hinter dem hohen Qualitätsanspruch zu verstecken. Als Weltneuheiten müssen Gadgets, wie virtuelle Außenspiegel, herhalten. Versprechen zu größeren elektrischen Reichweiten oder geringeren Ladezeiten gibt es nicht.

Günstige E-Fahrzeuge als Aufgabe Chinas

China ist nicht nur größter Absatzmarkt für E-Fahrzeuge, sondern auch deren größter Produzent. BYD, ein chinesischer Mischkonzern, erwirtschaftet über 50 Prozent seines Umsatzes mit der Automobilsparte. Durch die hohe Nachfrage in China von 1,27 Millionen Elektroautos im Jahr 2018 ist BYD der größte Elektrofahrzeughersteller der Welt geworden. 2017 verkaufte BYD 108.000 Elektrofahrzeuge. Das sind 5.000 mehr als Tesla. Aktuell verkauft BYD 87 Prozent der Elektrofahrzeuge noch in den heimischen Märkten, jedoch könnte sich das in Zukunft ändern. Wenn die Nachfrage nach bezahlbaren Elektrofahrzeugen steigt, sind chinesische Automobilhersteller in der Poleposition. Aufgrund von niedrigeren Lohnkosten und einer guten Zulieferungskette produziert China künftig einen erheblichen Teil der E-Fahrzeuge für den Weltmarkt. Deshalb wird China in den niedrigeren Preissegmenten, an die sich andere Konzerne nicht heranwagen, Vorreiter sein.

Die Automobilindustrie muss sich neu positionieren

Die aktuelle Positionierung der deutschen Automobilindustrie in der Frage der E-Mobilität scheitert, wenn mehr als 30 Prozent der Bevölkerung auf E-Mobilität umsteigen. Deshalb muss sich die deutsche Automobilindustrie am Ausbau der nötigen E-Infrastruktur beteiligen. Außerdem braucht sie Alternativen für die unteren Preissegmente. Die deutsche Automobilindustrie kämpft zurzeit mit Konkurrenten, wie Tesla, nur um die oberen Preisklassen bei E-Fahrzeugen. Die deutsche Automobilbranche ist in Gefahr in Zukunft nur noch E-Fahrzeuge durch Qualitäts- und Komfortversprechen und nicht durch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis zu verkaufen. Deshalb müssen sie mehr nach Alternativen forschen. Nur durch Innovation ist es in absehbarer Zeit möglich die Nachteile, die ein Elektrofahrzeug gegenüber einem Benziner oder Diesel hat, zu überwinden. Dazu gehört auch die Forschung an anderen Technologien, wie der Brennstoffzelle und neuen Batterietechnologien, wie zum Beispiel der Flüssigbatterie. Mit dieser konnten Forscher aus Glasgow im Juli 2018 ein Konzept vorstellen, wie man E-Fahrzeuge in Sekunden lädt. Damit wäre ein viel leichter realisierbares Ladekonzept möglich, das einer Tankstelle ähnelt. Das ist klar Innovation statt Revolution und damit genau das, was die deutsche Automobilindustrie bräuchte.