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Zu Beginn waren da die lustigen Face-Swapping-Apps mit denen jeder sein Antlitz mit dem „Gesicht“ eines Toasters getauscht hat. Manchmal führte die App auch zu einem Brett vorm Kopf, weil die Software eine Fratze in der Holzmaserung erkannte. Was als Spielerei anfing, entwickelte sich mit Deepfakes schnell zu einer ernst zu nehmenden Gefahr für die Glaubwürdigkeit von Medien.

Schön am Strand dank Bildbearbeitung

Wer kennt nicht das Bild eines gebräunten Adonis an einem leeren, traumhaften sonnigen Strand. Doch heutzutage schießt der Fotograf kein Bild mehr, sondern bastelt es zusammen. Statt Sonne fällt Studiolicht auf einen hellen, haarigen Bierbauch und die Pickel zaubert ein Zeichenstift einfach weg. Der wundervolle Strandhintergrund ist eine Tapete aus dem dritten Fach der Klischeekiste, gleich unter dem für schöne Sonnenuntergänge. Am Ende fügt der Photoshopakrobat alles zusammen und voilà, fertig ist das Paradies für das Marketing.

Künstliche Intelligenz – Wir wissen wie das ausgeht

An die Werke der Photoshop-Künstler haben wir uns gewöhnt und beeindruckt uns nicht mehr. Dank künstlicher Intelligenz, haben wir jetzt mit Deepfakes das Vergnügen. Eine KI studiert die Gestik und Mimik eines Menschen und überträgt dessen Gesicht auf eine andere Person. Hört sich doch gut an oder nicht? Es wird aber noch besser: Die KI lernt dazu und wird so noch effektiver in der Täuschung.

Dank der KI ist die Technologie für jeden zugänglich und anwendbar. Eine App dazu ist schnell und einfach installiert. Das Ergebnis: Das Internet ist überschwemmt mit vertauschten Gesichtern. Frauen mit Bärten, Männer mit weiblichen Körpern, Babys mit dem Gesicht eines Greises oder Menschen mit Gesichtern von einer Kommode. Das ist zwar eigentlich alles nichts Neues, aber jetzt ist es eben digital und durch eine lustige App entstanden.

Wer ein Haustier besitzt, zerrt natürlich bei so einer Spielerei auch die Katze oder den Hund vor die Kamera. Sehr zum Leidwesen der Tiere, wenn sie sich dann mit dem Gesicht des Herrchens erblicken.

Deepfakes – Spiel mit der Politik

Dieser ganze Schabernack ist ja schön und lustig. Aber Deepfakes können noch mehr. Wie wäre es mit einem Video in dem Rocky in einem Boxring kämpft mit den Gesichtszügen von Angela Merkel? Oder Markus Söder hält eine Rede über sein bevorzugtes Frühstück?

Ein Missbrauch von Deepfakes ist natürlich vorprogrammiert. Nicht nur von Donald Trump gibt es zahlreiche Videos, in denen er verrücktes und albernes Zeug faselt. Diese sind so gut gemacht, als schienen sie von Trump selbst zu sein. Medienfälscher haben auch Barack Obama ins Ziel genommen. In Videos sagt er Dinge, die er wohl nie sagen würde, zumindest nie öffentlich.

Im Internet geistern viele solcher Videos herum. Da dauert es nicht lange bis ein Politiker die gefälschte Beleidigung eines Amtsgenossen ernst nimmt und darauf reagiert. Als Reaktion ist von Sanktionen bis Krieg alles vorstellbar.

Die Checkliste für eine echte Apokalypse oder zumindest für einen Film ist damit abgehackt: Eine lernende KI, die Menschen täuscht? Check. Die Möglichkeit jeder beliebigen Person jedweden Schwachsinn in den Mund zu legen? Check.

Die Kultur des Internets und Deepfakes

Zum Glück ist das Internet lieber damit beschäftigt, den gesamten Cast einer Fernsehserie mit dem unverwechselbaren Gesicht von Nicolas Cage zu versehen. Oder sich selbst virtuelle Hundeohren auf den Kopf zu setzen damit der eigene Vierbeiner nur noch mehr an seinem Herrchen zweifelt.