„Ich dachte ich hätte Wikinger als Vorfahren, aber leider bin ich zu fast 100 Prozent deutsch.“ Das ist die enttäuschte Reaktion von Kornelia, Studentin an der Hochschule München, über das Ergebnis eines DNA-Test-Kits.
Derzeit befinden sich diese Kits in aller Munde und erfreuen sich über YouTube großer Beliebtheit. Das Video „The DNA Journey“ hat mehr als 18 Millionen Aufrufe erzielt. Der Reiseanbieter hinter dem Video zeigt, welche Erwartungen und Ideale Menschen verschiedener Nationalität an ihre Testergebnisse haben. Im Anschluss reagieren die verschiedenen Charaktere auf die tatsächlichen Resultate und merken, dass die Herkunft keine so große Rolle spielt wie gedacht.
Doch was bewegt Menschen dazu, ihre DNA analysieren zu lassen? Wie repräsentativ sind die Testergebnisse?
Auf den Spuren der Familie
Den Homo sapiens gibt es seit rund 300.000 Jahren. Während dieser Zeit auf der Erde ist der Mensch viel umhergezogen und hat sich an den verschiedensten Orten fortgepflanzt. Dadurch sind alle Menschen im Hinblick auf die Gene miteinander verwandt. Das schließt eine Abstammung aus einem einzigen Land aus.
Dennoch interessiert viele, woher ihre Vorfahren stammen. Sie sind auf der Suche nach den Wurzeln ihrer Familie. So ging es auch Kornelia. Ihre Verwandtschaft ist im Besitz von Stammbäumen, die bis in das 13. Jahrhundert zurückreichen. Um fehlende Lücken väterlicherseits zu schließen, ließ sie ihre DNA analysieren.
Entschlüsseln der DNA
Das Prinzip der Anbieter ist zumeist ähnlich: Der Verbraucher erstellt im zugehörigen Portal ein Webprofil mit seinen persönlichen Daten und schickt eine Speichelprobe ein. Anschließend isolieren Labore das enthaltene Erbgut und vergleichen es mit einer weltweiten DNA-Datenbank. Der Anbieter entscheidet und legt im Vorhinein fest, was beispielsweise deutsches oder amerikanisches Erbgut überhaupt ist. Er erstellt sozusagen „Modellnationalitäten“. Dazu zieht das Unternehmen Referenz-DNA heran. Aus diesem Vorgehen entsteht ein Algorithmus, der den Testdaten ein prozentual passendes Modell zuordnet. Je mehr Referenzpersonen Proben einsenden, desto genauer ist die Auswertung der Daten. Die Test-Kits berücksichtigen nicht, dass der Mensch unterschiedliche Abschnitte der DNA von verschiedenen Vorfahren erbt. Dadurch besitzt jeder Mensch mehr Vorfahren als DNA-Abschnitte.
Potenzielle Verwandte
Als Ergebnis des DNA-Test-Kits erhielt Kornelia eine Ethnizitätsschätzung. Diese Analyse zeigt ihr, mit welchen Ländern und Region der Modell-Datenbank ihre DNA übereinstimmt. Des Weiteren listet der Anbieter Personen auf, die eine ähnliche DNA besitzen.
Der Algorithmus identifiziert gemeinsame genetische Sequenzen. Dadurch ermittelt er die wahrscheinliche Verwandtschaft und prozentuale Übereinstimmung der DNA mit anderen Personen, die den Test ebenfalls machten. Der Verbraucher hat dadurch die Möglichkeit, Verwandte zu finden und zu kontaktieren. Auch Stammbäume sind auf den einzelnen Profilen einsehbar. Diese Funktionen stehen dem Nutzer ohne kostenpflichtigem Abonnement nur eingeschränkt zur Verfügung.
Unklare Definition der ethnischen Gruppen
Eine Weltkarte repräsentiert die Ergebnisse der Ethnizitätsschätzung. Herkunftsländer sind durch violette Kreise markiert. Eine prozentuale Übersicht der ethnischen Gruppen befindet sich auf der linken Seite der Grafik. Da Kornelia keine genaue Aufschlüsselung über Nord- und Westeuropa erhält, ist die Auswertung nicht sehr detailliert. Denn neben Deutschland zählen laut Grafik auch die Niederlande, Belgien, Frankreich, Schweiz und ein Teil von Tschechien und Österreich zu Nord- und Westeuropa.
Ahnenforschung mithilfe von DNA-Test-Kits
Die meisten DNA-Test-Kits bieten eine Ethnizitätsschätzung und eine Übersicht von Personen mit ähnlichem Erbgut an. Dabei wirkt die Auswertung nicht aussagekräftig genug. Weitere Funktionen sind oft mit Zusatzkosten verbunden. Zu diesen gehört der Zugriff auf Partnerseiten, durch die der Nutzer noch mehr Informationen über seinen Stammbaum erhält. Des Weiteren gibt es wenige Tests, die Rückschlüsse über Krankheiten zu lassen, für die ein erhöhtes genetisches Risiko innerhalb der Familie besteht. Dadurch eignen sich solche Kits vor allem für die Ahnen- und Stammbaumforschung.
Kornelia ist zufrieden. Sie hat durch den DNA-Test ihren Stammbaum erweitert und ergänzt. Durch die Ahnenforschung ist ihr Interesse an verschiedenen Methoden der DNA-Analyse gestiegen.
Quellen:
Albers, S. „Was Ahnenforschung mittels DNA-Test wirklich kann“, unter https://www.stern.de/panorama/wissen/mensch/dna-analysen-zur-ahnenforschung—wie-praezise-sind-sie–6889978.html (abgerufen am 28.05.2019)
Bundz, R.: „Ahnenforschung mit DNA-Test: Alles Unfug?“, unter: https://web.de/magazine/gesundheit/ahnenforschung-dna-test-unfug-32831320 (abgerufen am 26.05.2019)
SWR2 Impuls – Wissen aktuell: „DNA-Tests in den USA in der Kritik | Ahnenforschung“, unter https://swrmediathek.de/player.htm?show=edd763d0-6763-11e9-a7ff-005056a12b4c (abgerufen am 26.05.2019)