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Es ist der 9. Mai 2020. In München demonstrieren etwa dreitausend Menschen gegen die Ausgangsbeschränkungen, gegen eine vermeintliche Corona-Impfpflicht oder die „digitale Überwachung“ durch 5G. In Großbritannien brannten ein paar Wochen zuvor Mobilfunkstationen. Sie seien verantwortlich für das Virus, so hieß es. Nur eine von vielen Verschwörungstheorien um 5G. Zeitgleich treiben Telekommunikationsunternehmen den Ausbau des 5G-Netzes voran und in Aachen startet das größte europäische 5G-Forschungsnetz. Die Bundesregierung reagiert mit einer Kommunikationsinitiative zum Mobilfunkausbau und möchte Skeptiker überzeugen. Derweil richtet das Bundesamt für Strahlenschutz ein Kompetenzzentrum für elektromagnetische Felder ein. Die Aufklärung kommt – aber vielleicht zu spät.

Hat 5G Auswirkungen auf die Gesundheit?

In Deutschland bilden sich immer mehr Bürgerinitiativen, die sich gegen die Einführung von 5G aussprechen. Meist fürchten diese Menschen gesundheitliche Schäden.
Tatsache ist: Die Studienlage ist kompliziert. Die Wissenschaft diskutiert die Folgen der hochfrequenten elektromagnetischen Strahlung für die Gesundheit. Nachgewiesen ist bislang nur eine thermische Wirkung.
Obwohl es viele Untersuchungen zu diesem Thema gibt, sind verlässliche Ergebnisse rar. Es gibt nicht genug randomisierte kontrollierte Studien. Es wäre ethisch nicht vertretbar, Menschen vorsätzlich elektromagnetischer Strahlung auszusetzen. Klarheit können also nur sehr gründliche Langzeitstudien schaffen.
Nichtsdestotrotz sagt die Mehrheit der Studien und Experten: Mobilfunk stellt für erwachsene Menschen vermutlich keine Gefahr dar. Das Bundesamt teilt diese Ansicht. Die Behörde erklärt weiter, dass sie in Forschung investiert, um mögliche gesundheitliche Folgen von Mobilfunk zu klären.
Ob diese Entwarnung seitens der Behörden bei den Kritikern Gehör findet, bleibt abzuwarten.

Wie die Bundesbehörden nun kommunizieren

Weiter scheint nun das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur unter der Leitung von Andreas Scheuer in die Offensive zu gehen. Das Ministerium möchte Verständnis bei Bürgern für den Bau neuer Mobilfunkmasten erreichen und „5G-Skeptiker“ überzeugen.
Die Kommunikationsinitiative des Ministeriums findet vorerst nur online statt.
In Form eines FAQ werden Fragen beantwortet, die sich die Bevölkerung zu dem neuen Mobilfunkstandard stellt. Grundsätzlich eine gute Sache. Denn die beantworteten Fragen geben in einer für Behörden unüblich einfachen Sprache Antworten auf wesentliche Fragen zum neuen Mobilfunkstandard.

Darüber hinaus hat das Bundesamt für Strahlenschutz am 5. Februar ein Kompetenzzentrum für elektromagnetische Felder gegründet. Das Ziel ist, die Forschung und Kommunikation auf diesem Gebiet zu intensivieren. Experten sollen Bürgern und Fachleuten Rede und Antwort stehen und Fragen am Telefon und per E-Mail beantworten.
Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, denn besonders die Kommunikation wurde in den letzten Monaten vernachlässigt. Die Frage ist nur: Warum erst jetzt, nachdem bereits die großen Telekommunikationsunternehmen mit dem massiven Ausbau des 5G-Netzes begonnen haben? Vor allem, da der Grundstein für das Zentrum bereits im Koalitionsvertrag der GroKo im März 2018 gelegt wurde.

Blick in die Zukunft

Die 5G-Technologie birgt viele Möglichkeiten. Das Internet of Things, Smart Cities oder autonomes Fahren sind ohne 5G nicht realisierbar. Gegenüber der Einführung der alten Mobilfunkgenerationen gibt es bei 5G aber deutlich mehr Widerstand aus der Bevölkerung. Das liegt zum Teil daran, dass die Menschen dieses Mal keinen direkten Nutzen für sich sehen. Denn inzwischen kann der Großteil der Bevölkerung bereits durch LTE auf schnelles Internet zugreifen.
Dem Staat muss ein fast unmöglicher Spagat gelingen. Er muss den Menschen nicht nur die Ängste vor etwas Unbekanntem nehmen. Es muss auch der Bevölkerungsteil vom Netzausbau profitieren, der in den ländlichen Gegenden mit Funkloch lebt. Dass eine der führenden Industrienationen bei der Mobilfunkabdeckung gerade mal den 70. Rang belegt, ist fraglos katastrophal. Nur wenn dieses Anliegen gelöst wird, steht der neuen Technologie nichts mehr im Wege.