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Maxie Petzold, Studentin der Hochschule München sprach mit Frauenarzt Hans-Peter Zehrfeld über Verhütungsmittel und Thromboserisiken. Thema war auch der Vergleich des Thromboserisikos der Anti-Baby-Pille mit dem des AstraZeneca-Impfstoffes.

Die Arzneimittelexperten der Stiftung Warentest haben im März 141 verschiedene Verhütungsmittel hinsichtlich der Inhaltsstoffe und den möglichen Nebenwirkungen getestet. Das Ergebnis fiel ernüchternd aus: Nur knapp die Hälfte aller Verhütungsmittel sind zu empfehlen.

Der Test ergab, dass Dreimonatsspritzen am wenigsten geeignet sind. Woran liegt das?

Ich denke schon, dass die Dreimonatsspritze ihren Sinn hat. Diese ist vor allem für Frauen geeignet, die nicht jeden Tag an die Verhütung denken möchten. Empfohlen wird sie auch für Frauen, die während ihrer Periode stark bluten und für Frauen, die die Anti-Baby-Pille nicht vertragen oder eine tägliche Einnahme vergessen würden.

Haben Sie Patientinnen, die dieses Verhütungsmittel verwenden? Wie waren Ihre Erfahrungen damit?

Ja ich habe Patientinnen, die dieses Verhütungsmittel verwenden. Die meisten von ihnen kommen damit gut zurecht. Manche von ihnen verwenden die Dreimonatsspritze bereits seit mehreren Jahren, teilweise seit zehn Jahren.

Was halten Sie von Verhütungsimplantaten, die in den Oberarm eingesetzt werden?

Katastrophe.

Warum?

Das Implantat, auch bekannt als Implanon, ist ein Verhütungsstäbchen, das in die Innenseite des Oberarmes eingesetzt wird. Dabei werden Hormone im Körper freigesetzt. Im Endeffekt ist es dasselbe Prinzip wie bei der Hormonspirale.

Worin besteht der Unterschied zur Hormonspirale?

Der Unterschied besteht darin, dass das Implantat an einer untypischen Stelle eingesetzt wird.

Warum ist das problematisch?

Ein Risiko ist, dass das Implantat verwachsen kann und operativ entfernt werden muss. Ich hatte einige Patientinnen, bei denen ich mit einem Skalpell einen Schnitt machen und es mit einer Pinzette entfernen musste. Allgemein halte ich von einem Verhütungsimplantat nicht viel und würde dieses absolut nicht empfehlen.

Die Stiftung Warentest hält Hormon- und Kupferspiralen für geeignet und zuverlässig. Dennoch raten Sie nicht allen Patientinnen dazu. Weshalb?

Es gibt Frauen, für die dieses Verhütungsmittel nicht besonders geeignet ist. Dabei spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Generell empfehle ich das Einsetzen einer Spirale bei Frauen unter 20 überhaupt nicht. Bei jungen Frauen kann es zu einer stärkeren, längeren und auch schmerzhaften Periode führen.

Auch Verhütungsmittel wie Vaginalringe oder Implantate werden kritisiert, da sie durch einen erhöhten Östrogengehalt zu einem höheren Thromboserisiko führen können. Warum werden sie immer noch verschrieben?

Generell geben wir Vaginalringe und Anti-Baby-Pillen an Patientinnen, die weder übergewichtig sind, noch rauchen. Laut offizieller Regelung dürfen Patientinnen, die über 30 Jahre alt sind, diese Verhütungsmittel nicht nehmen. Ich persönlich verschreibe auch diesen Patientinnen nur östrogenfreie Präparate. Für schlanke Frauen, die sich bewegen und Sport machen ist das Thromboserisiko in der Regel nur in den ersten sechs bis acht Wochen deutlich erhöht, danach ist das aber ein überschaubares Risiko.

Die Einnahme der Anti-Baby-Pille kann ebenfalls zu einer Thrombose führen. Trotz des Risikos wird diese bereits jungen Mädchen verschrieben. Warum?

Ich denke schon, dass es sinnvoll ist den Frauen die Anti-Pille-Baby zu verschreiben. Wichtig dabei ist, dass auf den Östrogengehalt geachtet wird. Dieser fängt bei Anti-Baby-Pillen bei 20 Mikrogramm an und kann bis 50 Mikrogramm gehen. Der Verhütungsring hat beispielsweise nur 15 Mikrogramm.

Der Covid-19-Impfstoff von AstraZeneca wurde mit dem Thromboserisiko der Anti-Baby-Pille verglichen. Ist dieser Vergleich gerechtfertigt?

Äpfel können nicht mit Birnen verglichen werden. Es gab bis jetzt 10 Fälle von Sinusthrombosen auf 1,6 Millionen Impfungen. Das ist überraschend, aber im Vergleich zur Anti-Baby-Pille gering. Hier erkranken etwa fünf bis sieben von 10.000 Frauen an einer Thrombose.

Würden Sie eine AstraZeneca-Impfung auch für Frauen empfehlen, die die Anti-Baby-Pille nehmen?

Das ist eine gute Frage, die nicht einfach zu beantworten ist. Zunächst wurde der Impfstoff nur an Menschen, die unter 60 Jahre alt sind, verwendet. Das lag daran, da es bei den über 60-Jährigen zu wenig Erfahrungen gab. Jetzt ist es umgekehrt, nun werden die jüngeren Menschen nicht mehr mit dem Impfstoff geimpft, da ein höheres Thromboserisiko besteht. Bei einer Frau, die über 60 Jahre alt ist und die Hormone zu sich nimmt, würde ich persönlich keine AstraZeneca-Impfung empfehlen.

Würden Sie allgemein eine Impfung mit AstraZeneca empfehlen?

Viele Menschen sind gegenüber AstraZeneca-Impfung abgeneigt, da dieser mit zu vielen Negativismen behaftet ist. Dennoch würde ich diesen Impfstoff empfehlen, da es besser ist, eine Impfung zu haben als keine.

Welches Verhütungsmittel würden Sie abschließend den Leserinnen empfehlen und von welchem würden Sie eher abraten?

Das ist eine absolut individuelle Entscheidung.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Quellen:

https://www.infranken.de/ratgeber/gesundheit/stiftung-warentest-verhuetungsmittel-im-test-nicht-einmal-die-haelfte-zu-empfehlen-art-5184386

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/antibabypille-versus-astra-zeneca-impfung-124522/

https://www.ardaudiothek.de/im-gespraech/anti-baby-pille-und-astrazeneca-impfung-risiko/87360390

https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/arzneimittel-medizinische-hintergruende/pille/nebenwirkungen-2066572