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Tagtäglich geben in Industriebetriebe Hunderte von Maschinen den Geist auf. Passiert das, kommt ein Techniker. Dieser muss dann mühsam in der Dokumentation der Maschine nach der Lösung des Problems suchen. In Zukunft scannt er einen Fehlercode, ein Server verpackt alle benötigten Informationen und schickt diese auf das Tablet des Technikers. Das verspricht zumindest der neue Standard iiRDS, kurz für intelligent information Request and Delivery Standard. Techtalkers hat mit Martin Ley, Experte für Informationsmanagement und Leiter des Studiengangs Technische Redaktion und Kommunikation an der Hochschule München, gesprochen.

Guten Tag, Herr Ley. Sie sind Partner im Netzwerk „Informationen intelligent bereitstellen“. Um was handelt es sich bei iiRDS?

Ley: Lassen Sie mich das anhand eines Beispiels erklären. Oft sind Informationen aus unterschiedlichen Redaktionssystemen nötig, diese sprechen jedoch meist keine gemeinsame „Sprache“. Auch das Publikationssystem, das am Ende alles verstehen, verarbeiten und anzeigen soll, spricht eine andere „Sprache“. Das hat zur Folge, dass zum Beispiel ein Servicetechniker, der ein Problem beheben will, sich die benötigten Informationen aus verschiedenen Quellen zusammensuchen muss.

Und da hilft der neue Standard?

Ley: Ja. Die Idee hinter diesem Standard ist, eine Sprachbasis zu schaffen, die alle Systeme verstehen. Das kann man sich im Alltag so vorstellen: Die verschiedenen Dialekte Deutschlands werden z. B. in einen norddeutschen Standard-Dialekt übertragen, den jeder dann spricht und versteht.

Bei iiRDS wird viel über Metadaten gesprochen. Welche Rolle spielen diese?

Ley: Sie müssen sich das so vorstellen: Wir haben Informationen, die aus einem Redaktionssystem kommen und in einem Content Delivery Portal bereitgestellt werden sollen. In einem Content Delivery Portal können Anwender technische Dokumentation suchen, finden und herunterladen. Die Informationen brauchen aber vorher eine bestimmte Anzahl an Metadaten, die diese Informationen näher beschreiben. Der Standard, der von einem Konsortium der Gesellschaft für Technische Kommunikation entwickelt wurde, stellt uns hierfür ein Metadaten-Konstrukt zur Verfügung.

iiRDS Prozess

Bild: Weg der Metadaten zu einem CPD

Können Sie dieses Metadaten-Konstrukt näher erläutern?

Ley: Nun, das Dilemma derzeit ist, dass es für dieselbe Art der Information verschiedene Bezeichnungen gibt: Die einen sagen zu einer anleitenden Passage Prozedur, die anderen sagen Anleitung und wieder andere sagen handlungsanleitende Sequenz dazu. Metadaten innerhalb der Systeme gibt es also, allerdings sind diese eben nicht einheitlich. Das publizierende System muss daher am Ende in der Lage sein, die Informationen der drei synonym verwendeten Bezeichnungen zusammenzuführen. Dafür stellt uns iiRDS eine Lösung bereit.

Wie wird zum Beispiel ein Techniker, der eine Maschine reparieren möchte, von iiRDS profitieren?

Ley: Geht die Theorie auf, dann wird der erwähnte Servicetechniker in Zukunft Informationen aus den unterschiedlichsten Systemen auf dem Tablet präsentiert. Das funktioniert zum Beispiel über eine zentrale Service-App, die der Techniker direkt auf seinem Tablet abrufen kann. Nehmen wir mal unsere Lernfabrik von Fischertechnik. Bei dieser Fabrik-Simulation lernen Studierende Anwendungen der Industrie 4.0 kennen. Drei unterschiedliche Redaktionssystemen dokumentieren hier drei Anla. Der Techniker müsste jetzt für die Wartung jeder dieser drei Anlagen ein anderes Serviceportal nutzen. Mithilfe von iiRDS bekommt er in Zukunft alle benötigten Informationen direkt da, wo er sie benötigt.

Welche offenen Fragen und Perspektiven sehen Sie für den Standard?

Ley: Ein offener Punkt ist, dass für bestimmte Dinge wie Produkte und Komponenten oder die eigentlichen Inhalte unserer Topics, keine Metadaten vorhanden sind. Diese muss ich selbst in den Standard eintragen. So kommt es automatisch zu einer gewissen Inkonsistenz. Trotzdem denke ich, als Format für einen besseren Informationsaustausch kann der Standard eine gute Lösung sein. Mit ihm erhält der Nutzer genau die passende Information für die konkrete Situation auf dem Gerät seiner Wahl. Letzten Endes wird es jedoch die Zukunft zeigen. Der Erfolg von iiRDS hängt davon ab, ob sich die Industrie darauf verständigt, diesen Ansatz zu verfolgen und zu implementieren.

Vielen Dank, dass Sie sich für das Interview Zeit genommen haben.