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Folding@Home, kurz FAH oder F@H, stellt in Anbetracht der gegenwärtigen Covid-19-Krise einen neuen Rekord auf: Ein Netzwerk aus hunderttausend privaten Computern übertrifft die Rechenleistungen der 500 schnellsten Supercomputer der Welt zusammengenommen. Forschungslabore nutzen diese Rechenpower, um Simulationen für die Erforschung von Krankheiten durchzuführen. Doch was genau ist FAH und wie kann jeder, bequem von Zuhause aus das Projekt unterstützen?

Ein dezentraler Supercomputer

Darstellung eines Bussystems von Rechnern, deren Rechenleistung in einem Forschungszentrum zusammenlaufen.

Ein Bussystem durch das Rechenkapazitäten zusammengeschlossen werden (Bild: Annalena Vogl)

An der Stanford University in Kalifornien entstand bereits im Jahr 2000 die Idee, die Rechenleistung von einzelnen Computern zu koppeln. Heute ist FAH ein Projekt der Washington University School of Medicine in St. Louis und umfasst ein Gespann aus mehreren Laboratorien. Sie sind die Grundlage der Initiative und stellen das technische Grundgerüst bereit. Ein Netzwerk aus privaten Nutzern speist die Rechenleistung. Zusammen bilden sie das bisher schnellste Rechnernetzwerk der Welt.

Durch Simulation einen Wirkstoff finden

Die Wissenschaftslabore hinter Folding@Home verwenden die Rechenleistung dazu, um das Verhalten von Proteinen im Körper zu simulieren. Die Ergebnisse der Simulationen dienen unmittelbar der Wissenschaft. So entscheiden die Ergebnisse, welche theoretischen Modelle und Wirkstoffe in die Medizin übertragbar sind und welche nicht. Ein wichtiger Aspekt bei der Untersuchung der Proteine ist die Proteinfaltung.

Das Folding

Das Wort Folding meint hierbei das „Falten“ von Proteinen. Bei diesem Prozess nehmen Proteine bestimmte Formen an, um Funktionen im Körper zu erfüllen. Proteine sind als Makromoleküle ein Bestandteil aller Zellen im Körper. Dadurch sind Proteine die treibende Kraft vieler wichtiger Prozesse im Körper. Proteine versorgen den Körper mit wichtigen Aminosäuren, unterstützen das Immunsystem und sind ein wesentlicher Bestandteil der Knochen und Haare.

Die heutige Wissenschaft nimmt an, dass viele Krankheiten wie Alzheimer und verschiedene Krebsarten auf ein fehlerhaftes „Falten“ zurückzuführen sind.

Mehr Leistung ist immer besser

Berechnungen und Simulationen in der Wissenschaft und Medizin sind sehr rechenintensiv. In vielen Fällen kommen daher Supercomputer zum Einsatz. Diese schnellen Rechensysteme zeichnen sich durch eine hohe FLOPS-Zahl aus. Ein FLOPS (Floating Point Operations Per Second) ist die Anzahl von Gleitkommazahlen-Berechnungen, die ein Rechensystem in einer Sekunde ausführen kann.

Nach diesem Wert werden die 500 schnellsten Supercomputer der Welt in der Top500, einer Weltrangliste, aufgeführt und bewertet. Der Supercomputer „Summit“ der amerikanische IT-Firma IBM steht mit knapp 150 Peta-FLOPS auf Platz 1 dieser Liste. Ein Peta-FLOPS entspricht eine Billiarde (10^15) Berechnungen pro Sekunde. Den Rekord in Europa hält „Piz Daint“ mit knapp über 21 Peta-Flops. Das Rechensystem des Swiss National Supercomputing Centre belegt den 6. Platz in der Liste (Stand: November 2019).

Die Top500 kumulieren sich auf ca. 1.650 PetaFlops. Das aufgebaute Computernetzwerk von FAH, bestehend aus hunderttausenden privaten Rechnern, hat nun eine Rechenleistung von ungefähr 2.400 PetaFlops erreicht (Stand: 13.04.2020). Wer mitmachen will kann das ganz einfach und bequem von Zuhause aus tun.

@Home

Wer FAH unterstützen will, findet den nötigen Client auf der Folding@Home-Internetseite.

Nach der Installation und Aktivierung erhält FAH Zugriff auf die Rechenkapazitäten des Computers und läuft automatisch im Hintergrund. Das Programm steht in Verbindung mit den FAH-Servern und erhält so Rechenpakete. Die Software bearbeitet die Aufgaben und schickt sie anschließend zurück an den Server.

Damit die Leistung des eigenen Computers nicht leidet, kann der Nutzer festlegen, wie stark der Client die Ressourcen der eigenen Hardware beansprucht. Der Anwender kann manuell die Bearbeitung pausieren oder FAH ganz deaktivieren.

Außerdem kann der Benutzer entscheiden, welche Projekte und Forschungen er gezielt unterstützen möchte. Neben Krebs, Alzheimer und Parkinson steht auch Covid-19 zu Wahl. FAH stellt zu den Projekten Informationen transparent zur Verfügung.

Wer sich jetzt um die Sicherheit seines eigenen Systems Sorgen macht, kann beruhigt sein: FAH läuft nur über die eigenen Server und interagiert nur mit FAH-Daten. Zudem sind die Daten verschlüsselt.

Zusammen stark

Mit Folding@Home kann jeder einen kleinen Beitrag zu etwas Größerem leisten. Gemeinsam der Wissenschaft im Kampf gegen Krankheiten und Corona helfen, bequem von Zuhause aus.