Hoang Long Nguyen spricht mit Josef Bachhuber über die Digitalisierung am Beispiel seiner Schule: Bachhuber ist Sonderpädagoge und Sicherheitsbeauftragter des Sonderpädagogischen Förderzentrums (SFZ) München Süd Ost.
Hoang Long Nguyen: Mit welchen digitalen Hilfsmitteln gestalten Sie Ihren Unterricht?
Josef Bachhuber: In meinem Klassenzimmer habe ich einen Laptop und dazu eine Dokumentenkamera, die mit einem Beamer verbunden ist. Zusätzlich haben wir für 13 Schüler*innen vier iPads, die dann für Gruppenarbeiten genutzt werden.
Und wie genau integrieren Sie diese in den Unterricht?
In unserem Schulalltag ersetzt eine Dokumentenkamera, die direkt mit dem Beamer verbunden ist, die Tafel. Ich verfasse alle meine Hefteinträge auf Papier, welches über die Kamera, für die Schüler*innen auf der Leinwand sichtbar wird. Parallel dazu können sie die Informationen direkt von der Leinwand in ihre eigenen Hefte übertragen.
Die iPads werden vom Staat Bayern zur Verfügung gestellt. Inzwischen sind sie ein wichtiger Bestandteil meines Unterrichts und sind mit zahlreichen Lern-Apps ausgestattet. Wenn wir beispielsweise Geometrie behandeln, kann ich eine mathematische Aufgabe stellen, die die Schüler*innen zusammen lösen.
Wie ist eine Lern-App aufgebaut?
Jede App hat ihren eigenen Aufbau. Die Lern-App Anton ist der eindeutige Favorit unter meinen Kollegen und auch bei mir. Das Besondere ist, dass sie in verschiedene Kategorien wie, Jahrgangsstufen, Fächern und Lerninhalte gegliedert ist. Zudem ist sie kostenlos und wirklich leicht zu konfigurieren – das ist ein großer Vorteil.
In welcher Form weisen Sie die Hausaufgaben zu, insbesondere über die Anton-App oder durch traditionelle Lernmaterialien?
Über die App Anton kann ich Hausaufgaben vergeben. Schüler*innen erledigen sie dann über ihre Profile zu Hause. Jede Schülerin und jeder Schüler hat ein eigenes Profil, in dem ich die Aufgaben und den Fortschritt jederzeit kontrollieren kann.
Neben der App bekommen die Schüler*innen auch Hausaufgaben in Form von traditionellen Lehrbüchern und Arbeitsblättern. Ich nutze eine ausgewogene Mischung aus beiden Medien, um verschiedene Lernmethoden zu fördern.
Welche Zugriffsrechte haben die Schüler*innen auf die bereitgestellten iPads?
Das iPad ist speziell für die Schule eingerichtet. Es hat einen eigenen Sicherheitsschlüssel, durch den nur bestimmte Seiten aufgerufen werden können und alle Apps sind schon vorinstalliert. Dies stärkt die Sicherheit der Schüler*innen: Sollte es beispielsweise zu einem Cyberangriff kommen, minimiert der Sicherheitsschlüssel das Risiko eines Datenlecks.
So können wir Lehrkräfte sicherstellen, dass die Schüler*innen die iPads nur für schulische Zwecke verwenden. Außerdem ist es wichtig, dass die Schüler*innen nicht nur produktiv, sondern auch sicher arbeiten. Zudem erlaubt uns die eingerichtete Software eine effiziente Nutzung für den schulischen Lehrplan.
Welche pädagogischen Ziele sollen durch die Integration digitaler Hilfsmittel erreicht werden und wie lassen sich diese inhaltlich in den Lernprozess integrieren?
Digitale Hilfsmittel, wie iPads, integrieren vielfältige Aufgaben und fördern praktische Anwendungen im Unterricht und steigern die Begeisterung der Kinder.
Beispielsweise führen wir mit den iPads interaktive HSU (Heimat und Sachunterricht) Übungen durch, wodurch die Schüler*innen aktiv am Lernprozess teilnehmen. Zusätzlich fördert die Aufsicht einen verantwortungsbewussten und effektiven Umgang mit digitalen Medien. Dies bereitet die Schüler*innen auf die digitale Welt vor.
Wie kann die Medienkompetenz von den Lehrer*innen und den Schüler*innen gewährleistet werden?
Die Schüler*innen müssen einen „Internetführerschein“ machen, bevor sie mit den digitalen Medien arbeiten dürfen. Hierbei werden sie auf mögliche Gefahren im Internet geschult. Dabei kläre ich sie über potenzielle Risiken und Bedrohungen im Internet auf.
Sobald wir ein neues digitales Hilfsmittel benutzen, setze ich mich mit der Funktion der Anwendung auseinander. Somit kann ich jederzeit meinen Schüler*innen helfen, wenn sie Fragen dazu haben. Ebenso müssen Lehrkräfte auf Fortbildungen gehen oder sich durch das Selbststudium weiterbilden, um auf dem aktuellsten Stand der Digitalisierung zu sein.
Doch das Selbststudium ist freiwillig und die Fortbildungen müssen nicht im Bereich der digitalen Medien sein. Es ist jeder einzelnen Lehrkraft überlassen, ob sie mit digitalen Medien unterrichten möchten.
Könnten Ihrer Meinung nach digitale Medien herkömmliche Medien komplett ersetzen?
Auf keinen Fall! Aber digitale Medien sind eine Bereicherung für den Unterricht. Sie bieten diverse Aufgabentypen, dies hilft Schülerinnen und Schülern das Gelernte zu vertiefen oder sich komplexe Themen bildlich vorzustellen.
Auch meine Schüler*innen werden, bis es keine bessere Alternative gibt, von der Leinwand mit Stift und Papier abschreiben. Da beispielsweise der „Apple Pen“ die Feinmotorik, die beim traditionellen Schreiben erlernt wird, nicht ersetzen kann. Daher ist es weiterhin wichtig, das Schreiben mit Stift und Papier zu lernen.
Ich bedanke mich für ihre Zeit Herr Bachhuber und dafür, dass ich Sie interviewen konnte.
Josef Bachhuber ist überzeugt, ein Umstieg auf digitale Hilfsmittel nicht sinnvoll ist. Doch eine gute Balance zwischen digitalen und traditionellen Medien ist seiner Meinung nach der richtige Weg.
Quelle:
Eigenaufnahme
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